Moskau/Berlin. Das IAAF-Council hatte Russland am Freitagabend vorläufig ausgeschlossen und reagierte damit auf massive Dopingvorwürfe.

Russland rechnet trotz einer vorläufigen Suspendierung durch den Leichtathletik-Weltverband IAAF mit einer Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio des Janeiro. „Ich bin sicher, dass es gelingt, die Situation bis zu Olympia zu klären. In der russischen Leichtathletik gibt es weder mehr noch weniger Probleme als im Rest der Welt“, sagte Sportminister Witali Mutko in Moskau.

Die Probleme seien „lösbar“, meinte er der Agentur Interfax zufolge. „Wir setzen die Vorbereitungen auf Rio 2016 fort“, betonte Mutko. Er bekräftigte die Bereitschaft zur engen Zusammenarbeit mit dem Leichtathletik-Weltverband IAAF.

Das IAAF-Council hatte Russland am Freitagabend vorläufig ausgeschlossen und reagierte damit auf massive Dopingvorwürfe. Damit darf Moskau bis auf weiteres keine Sportler zu internationalen Veranstaltungen schicken. Auch der Ausschluss von Olympia 2016 droht.

Weltklasse-Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung. „Ich bin schockiert“, sagte die Olympiasiegerin und Weltrekordlerin am Samstag. Hochsprungtrainer Jewgeni Sagorulko nannte das Verdikt der IAAF übertrieben. „Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, kritisierte der Coach. Sein Trainerkollege Alexander Zyplakow wittert gar eine „Verschwörung“. Offenbar sollten Konkurrenten beseitigt werden, meinte er.

Hingegen warnte das russische Mitglied des IAAF-Councils, Michail Butow, vor allzu markigen Worten. „Ich denke nicht, dass die Lösung politisch motiviert ist. Aber es werden sich Menschen finden, die sie zu politischen Zielen ausnutzen werden“, warnte der Generalsekretär des russischen Leichtathletik-Verbands WFLA.

Diskus-Olympiasieger Harting: Jetzt „nach Kenia und Jamaika rein“

Nach der Suspendierung des russischen Leichtathletik-Verbandes hat Diskus-Olympiasieger Robert Harting rigorose Aufklärung auch in anderen Ländern gefordert. „Wir haben das mit Russland geklärt, jetzt müssen wir nach Kenia und Jamaika rein und die gleiche Untersuchung anstellen“, sagte der 31 Jahre alte Berliner in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag). „Das sind richtige Problemfälle in der Leichtathletik.“

Athleten mit „Sport-Intelligenz“ würden durchaus merken, „wenn jemand Leistungen bringt, die nicht sein können“, meinte der mehrfache Welt- und Europameister, der nach knapp anderthalb Jahren Zwangspause im Februar sein Comeback geben will. „Nichts von dem, was jetzt rauskommt, überrascht mich“, versicherte Harting.

Ebenso wie das IAAF-Council am Freitagabend hätte auch Harting für einen Ausschluss der Russen votiert. „Zum einen muss man Machtzentren zerschlagen; für Putin wäre das höchst peinlich. Zum anderen kann man von Athleten verlangen, dass sie sich für einen fairen Wettkampf einsetzen und nicht blind hinter einer Flagge herlaufen.“

Angesichts der Tatsache, dass sich russische Athleten beim damaligen IAAF-Boss Lamine Diack von Doping-Sperren freikaufen konnten, schlug Harting vor: „Vielleicht sollte es ein neuer Ansatz der Doping-Bekämpfung werden, dass man proaktiv Sportler in solche Zirkel einschleust, um sie zu entlarven.“