Hamburg. An diesem Dienstag vergibt der Box-Weltverband Aiba die WM 2017, um die sich auch Hamburg beworben hat. Im Interview spricht Aiba-Chef Ching-kuo Wu über die Chancen

An diesem Dienstag vergibt der Box-Weltverband Aiba in Doha (Katar) die WM 2017, für die sich neben Hamburg Usbekistans Hauptstadt Taschkent und das russische Sotschi, 2014 Gastgeber der Olympischen Winterspiele, beworben haben. Im Abendblatt erläutert der taiwanesische Aiba-Präsident Ching-kuo Wu, 68, welchen Eindruck Hamburgs Bewerbungen um die WM 2017 und die Sommerspiele 2024 bei ihm hinterlassen haben.

Hamburger Abendblatt: Doktor Wu,Sie waren am 21. und 22. September anlässlich des Finales der Aiba-Profiserie APB erstmals in Hamburg. Ist unsere Stadt ein würdiger Gastgeber für die WM 2017?

Ching-kuo Wu: Ich darf vor der Vergabe keine wertenden Stellungnahmen über Kandidaten abgeben. Aber ich darf sagen, dass ich von Hamburg in allen Bereichen sehr positiv überrascht war. Das viele Wasser und das viele Grün haben mir sehr gefallen. Ich war im Rathaus, in der Elbphilharmonie, im Hafen – alles wunderschön und viel größer, als ich es erwartet hatte. Insofern hat die Stadt bei mir einen rundherum sehr guten Eindruck hinterlassen.

Sie waren beim APB-Finale in der Inselparkhalle in Wilhelmsburg. Könnte dort ein WM-Finale stattfinden?

Wu: Die Halle ist für die APB perfekt. Für die WM wäre sie aber nicht groß genug, wenigstens nicht für die Finals. Aber ich weiß, dass es in Hamburg dafür passende Arenen gäbe, ich habe die Messehallen und die Barclaycard-Arena von außen gesehen und bin mir sicher, dass das sehr gute WM-Stätten wären.

Sie sind in Ihrer Funktion als Aiba-Chef ja auch Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. Hamburg bewirbt sich für die Ausrichtung der Sommerspiele 2024, darf aber als Bewerberstadt keine IOC-Mitglieder einladen. Halten Sie das für sinnvoll, dass man sich kein eigenes Bild machen kann?

Wu: So sind nun einmal die Regeln, und ich glaube, dass sich jeder ein eigenes Bild machen kann, auch ohne die Stadt zu besuchen. Dennoch bin ich froh darüber, dass ich dank meiner Funktion in der Aiba die Chance hatte, Hamburg kennenzulernen. Das war wichtig.

Hamburg ist weltweit noch immer relativ unbekannt. Welchen Einfluss hat das auf den Wettstreit mit Metropolen wie Los Angeles, Rom, Budapest und Paris?

Wu: Hamburg ist ein neuer Spieler im olympischen Wettstreit, aber das IOC hat durchaus schon in der Vergangenheit Spiele an unbekannte Erstbewerber vergeben, denken Sie zum Beispiel an das norwegische Lillehammer, das 1994 Gastgeber der Winterspiele war. Das Wichtigste, was Hamburg braucht, ist Selbstvertrauen, den Glauben an die eigene Stärke. Und dann ist es eine Frage der richtigen Promotion, um die Stadt bekannter zu machen. Mit einer Wirtschaftsmacht wie Deutschland im Rücken sollte das gelingen.

Wie also schätzen Sie Hamburgs Chancen im Rennen um Olympia 2024 ein?

Wu: Das Konzept der kompakten Spiele im Herzen der Stadt halte ich für sehr interessant und im Einklang mit der Agenda 2020. Ich muss aber einschränkend sagen, dass ich bislang zu wenige Informationen über die Konzepte habe, mit denen die Städte ins Rennen gehen. Der Prozess der Information wird erst im kommenden Jahr stattfinden, dann gibt es auch eine Präsentation in Lausanne. Noch habe ich meine Informationen nur aus den Medien. Das reicht nicht, um eine Wertung vorzunehmen.

Glaubt man dem früheren US-Schwimmolympiasieger Mark Spitz, dann lesen die IOC-Mitglieder sowieso keine Konzepte, sondern lassen ihre Frauen entscheiden, wo die zum Shopping gehen möchten.

Wu: Jeder Außenseiter darf seine Meinung sagen. Aber in der Realität stimmt dieses Bild einfach nicht. Jedes IOC-Mitglied macht sich ein genaues Bild, um zu einer Entscheidung zu kommen. Ich werde, sobald ich die Unterlagen habe, alle Bid-Books und Konzepte lesen. Das erfordert schon allein der Respekt vor den Anstrengungen der Kandidaten. Außerdem bin ich sehr gespannt darauf, was die Städte zu bieten haben.

Gegen hochrangige Mitglieder Ihres Verbands gibt es immer wieder Korruptionsvorwürfe. Was tun Sie dagegen?

Wu: Wir haben in den vergangenen Jahren alles dafür getan, um die Aiba zu einem transparenten, sauberen und fairen Verband zu machen. Bei uns gewinnt immer der beste Sportler und nicht der, dessen Manager oder Verband am meisten zahlt. Dafür stehe ich mit meinem Namen ein. (bj)