Frankfurt/Zürich. Fifa-Präsident Joseph S. Blatter und Uefa-Präsident Michel Platini wurden von der Ethikkommission des Fußball-Weltverbands für 90 Tage suspendiert

Es ist vorbei! Joseph S. Blatter ist am Ende, die von Korruption durchzogene Fifa-Festung ist gefallen: Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands hat den Fifa-Präsidenten ebenso wie Uefa-Boss Michel Platini für 90 Tage provisorisch gesperrt. Die beiden mächtigsten Fußballverbände der Welt sind damit kopflos – DFB-Chef Wolfgang Niersbach sprach vom absoluten Super-GAU.

„Die Ethikkommission sperrt mehrere Fußball-Offizielle“ stand über der knappen E-Mail, die um 12.23 Uhr die Fußball-Welt aus den Angeln hob. Bereits am Mittwochabend waren entsprechende erste Gerüchte aufgekommen. Blatter soll sogar über den Strafantrag, dem der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert (München) dann zustimmte, informiert gewesen sein. Dennoch erschien der Schweizer, gegen den seit dem 24. September in der Schweiz ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Untreue und ungetreuen Geschäftsbesorgung läuft, dem Vernehmen nach frühmorgens im Büro. Dort muss er nun seine Sachen packen.

Den Grund für die Kaltstellung von „Blattini“ nannte die Ethikkommission nicht, sie durfte wegen der antiquierten Statuten schlichtweg nicht. Es dürfte aber um die dubiose Millionen-Zahlung von Blatter an Platini gehen, die auch im Schweizer Strafverfahren eine Schlüsselrolle spielt. Der Uefa-Boss hat 2011 rund 1,83 Millionen Euro erhalten – für Dienste, die Platini von 1998 bis 2002 für Blatter geleistet hat. Alles sauber, sagten die Beschuldigten. Schmiergeld, die Ankläger.

Blatter, 79, und Platini, 60, dürfen während der Suspendierung, die um 45 Tage verlängert werden kann, keinerlei Aktivitäten im Fußball ausüben. „Präsident Blatter war enttäuscht, dass die Ethikkommission nicht dem Ethik- und Disziplinarcode gefolgt ist, welche die Möglichkeit einer Anhörung beinhalten“, teilten dessen Anwälte Lorenz Erni (Schweiz) und Richard Cullen (USA) mit. Er sei zuversichtlich, „Beweise“ präsentieren zu können, die „demonstrieren, dass er in keinerlei Fehlverhalten und Verbrechen involviert“ sei. Im Ethikcode (Artikel 84.2) steht allerdings ausdrücklich, das eine erste Entscheidung auch ohne Anhörung der Parteien fallen kann.

Auch der bereits von der Fifa suspendierte Generalsekretär Jérôme Valcke (55, Frankreich) wurde für 90 Tage aus dem Verkehr gezogen. Für einen Einspruch bleiben allen Beschuldigten nun zwei Tage Zeit. Der ehemalige südkoreanische Fifa-Vize-Präsident Chung Mong-Joon, 63, wurde für sechs Jahre gesperrt. Blatters Amtsgeschäfte übernimmt nun Fifa-Vize Issa Hayatou (Kamerun) interimsweise, Platinis Aufgaben müsste der Spanier Ángel María Villar übernehmen; beide haben allerdings auch keine weiße Weste.

Niersbach, Präsident des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) und Mitglied im Fifa- und Uefa-Exekutivkomitee, forderte aus Dublin den sofortigen Rücktritt Blatters. „Die Zukunft kann nur gestaltet werden ohne den bisherigen Präsidenten“, sagte der 64-Jährige, dem Ambitionen zumindest auf den Uefa-Thron nachgesagt werden.

Für Thomas Bach, 61, brachten die Ereignisse das Fass zum Überlaufen. „Genug ist genug. Wir hoffen, dass nun jeder bei der Fifa verstanden hat, dass man nicht passiv bleiben darf“, sagte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). „Es muss umgehend gehandelt werden, um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, da man nicht auf Dauer die Glaubwürdigkeit der Fifa von der Glaubwürdigkeit des Fußballs abkoppeln kann.“

Blatter-Berater Klaus J. Stöhlker sieht dagegen keine wirklichen Probleme auf seinen Schweizer Klienten zukommen. „Er freut sich auf drei Monate Ferien, die er sich auch redlich verdient hat“, sagte Stöhlker der Bild. Danach werde sich der Walliser bei der Fifa wieder zurückmelden: „Blatter ist rechtzeitig zurück, um am 26. Februar den Kongress zu führen.“

Der Fifa drohen allerdings nun die schwersten Tage in ihrer 111-jährigen, zuletzt von zahlreichen Skandalen durchzogenen Geschichte. Am 26. Februar 2016 sollte bislang der Blatter-Nachfolger gewählt werden, am 26. Oktober läuft dafür die Bewerbungsfrist aus. Platini und Chung wollten auf den Thron, das können sie nun vergessen.

Platini müsse bedenken, ob er seine Kandidatur „aufrechterhalten kann“, sagte Niersbach und nannte die Geschehnisse für die Ambitionen des bislang vom DFB unterstützen Franzosen einen „schweren Rucksack“. Er habe deshalb eine Dringlichkeitssitzung der Uefa-Spitze für kommende Woche ebenso angeregt wie ein „schnellstmögliches“ Treffen der Fifa-Exekutive.

Platini selbst will kämpfen. Am Abend kündigte er an, Einspruch gegen seine provisorische 90-Tage-Sperre einzulegen. Die Uefa erklärte, sie wolle Platini sogar weiterhin die Amtsgeschäfte überlassen. Platini wies in der Mitteilung alle Vorwürfe zurück und erklärte, diese seien „erstaunlich vage“ und basierten „auf bloßen Vermutungen“. Bizarrerweise hatte Platini am Morgen bekannt gegeben, er habe „die Briefe mit der Unterstützung, die ich für meine Kandidatur als Fifa-Präsident benötige, abgeschickt“.