Hamburg. Der Towers-Spielmacher spricht mit dem Abendblatt über seinen Freund Dennis Schröder und alltäglichen Rassismus.

Das Interview mit Bazoumana Koné, 21, findet in der Towers-„Kantine“ Mr. Kebab in Wilhelmsburg statt. Das „Bazou“ gerufene Toptalent aus Alsterdorf verpasste die halbe Premierensaison des Basketball-Zweitligisten wegen Knieproblemen, einer Folgeverletzung eines Fußbruchs. Im Sommer trainierte der Spielmacher so hart wie nie, legte Sondereinheiten ein mit Towers-Coach Hamed Attarbashi, aber auch mit NBA-Star Dennis Schröder von den Atlanta Hawks (heimlich sogar auf dem öffentlichen Platz in St. Georg) und überragte beim Saisonauftaktsieg gegen Essen mit 27 Punkten. Daran will er am Doppelspieltag an diesem Freitag (19 Uhr) in Jena und am Sonntag (17 Uhr, Inselpark) gegen Heidelberg anknüpfen.

Hamburger Abendblatt: Seit wann kennen Sie Ihren Trainer Hamed Attarbashi?

Bazoumana Koné: Hamed habe ich kennengelernt, als ich acht war. Ich habe bei Alstertal gespielt, und er hat den BC Johanneum gecoacht. Wir haben immer gegen ihn gewonnen, und er war immer richtig sauer. Deswegen habe ich ihn gut in Erinnerung, weil er sich sehr gut aufregen konnte. Ich glaube, früher mochte er mich überhaupt nicht.

Attarbashi kennt auch Ihren besten Freund Dennis Schröder noch als Kind, er sagt, der NBA-Profi sei als 14-Jähriger noch voller Flausen gewesen – und überall mit seinem Kopf, aber nicht beim Basketball. Wie war das bei Ihnen?

Koné : Bei mir war es nicht ganz so wild wie bei Dennis, aber mein Kopf war auch noch etwas bei anderen Sachen: bei Freunden, beim Draußensein, ich war nicht so straight beim Basketball.

Sie zwei kennen sich, seit Sie zehn sind, haben schon als Kinder an der Konsole NBA-Partien gespielt. Waren Sie frus­triert, als Sie die halbe letzte Saison wegen ihrer Knieverletzung ausfielen und Schröder derweil Ihren gemeinsamen Traum bei den Atlanta Hawks lebte?

Koné : Nein, frustriert war ich nicht, ich hatte das schon oft, dass ich verletzt war, da bin ich im Kopf schon sehr weit. Ich habe einfach weiter hart gearbeitet in der Reha und nicht gedacht „Mensch, wieso klappt das jetzt nicht bei mir und bei ihm klappt es so gut?“ Ich hatte auch Dennis’ Familie, die mir immer Kraft gegeben hat, sodass ich solche Gedanken gar nicht bekommen konnte.

Sie sind beide schnelle, athletische Point Guards und schlängeln sich wie Gummimenschen zum Korb. Wie lernt man das?

Koné : Schon als wir klein waren, haben wir das oft zusammen trainiert. Wir haben beide mit Street Ball angefangen. Daher kommen die lässigen Bewegungen. Ich glaube, dass uns diese Spielart einfach liegt. Wir sind nicht die Breitesten, nicht die Größten, wir sind einfach schnell und haben auch lange Arme.

Schröder ist mit sehr großer Ernsthaftigkeit beim Basketball dabei, seit er seinem Vater am Sterbebett versprochen hat, für die Familie zu sorgen. Mit diesem Ehrgeiz hat er Sie dann auch angesteckt?

Koné : Ja, ich bin als 16-Jähriger nach Braunschweig gegangen und habe mit Dennis in der Nachwuchsbundesliga bei den Phantoms gespielt. Dennis’ Mutter hat mir im Alltag geholfen und er mir beigebracht, wie man hart arbeitet. Ich kann mich noch erinnern, als Dennis mich am Anfang oft gefragt hat, ob wir zusammen in die Halle zum Werfen gehen. Und ich meinte: „Nö, wieso sollten wir? Wir haben doch abends Training.“ Da war er richtig sauer und hat ein paar Tage nicht mehr mit mir gesprochen.

Noch professioneller wurden Sie dann, als Attarbashi Sie ein Jahr später ins Talenteprogramm in Bremerhaven holte. Dort gab Ihnen auch seine Frau Evin Nachhilfe für Ihren Realschulabschluss. Ist Attarbashi eine Vaterfigur für Sie?

Koné : Auf jeden Fall! Hamed ist mit mir strenger als mit allen anderen!

Sie selbst wuchsen ohne Vater auf. Ihre franko-ivorische Mutter Mariam, 39, zog Sie allein groß ...

Koné : Ja, meinen Vater kenne ich gar nicht. Meine Mutter hat einen ganz guten Job gemacht. Es war nicht einfach für sie. Sie ist mit 16 hergekommen und hat mich relativ früh bekommen, mit 17. Sie war auf einem neuen Kontinent mit einem Kind. Ich kann ihr nur Respekt zollen. Sie ist eine starke Frau.

In Ihrem Twitterprofil @prinzbazz steht „God is great“. Sind Sie sehr religiös?

Koné : Meine ganze Familie ist religiös. Wir sind Muslime. Meine Mutter hat hier drei jüngere Brüder, die mir die Gebete beibringen. Ich bete auch als Ritual vor jedem Spiel. Nicht dass ich viele Punkte mache, sondern dass sich niemand aus unserem Team verletzt.

Sie sind im Heidberg-Krankenhaus geboren, sind also ein waschechter Hamburger. Haben Sie Rassismus erlebt?

Koné : Nicht so ganz Schlimmes, nur immer mal die normalen Sprüche: „Du Neger, warum bist du schwarz? Geh in dein Land zurück!“ Früher hat mich das sauer gemacht, früher war ich ein Hitzkopf.

Nimmt man Sie als Towers-Star im Inselpark anders wahr, als wenn Sie unerkannt in Hamburg unterwegs sind?

Koné : Ja, das ist so. In der Halle ist man der Held, und wenn man dann U-Bahn fährt, will auf einmal keiner neben einem sitzen. Aber ich rege mich darüber inzwischen nicht mehr auf.

Vor Kurzem wurden die Towers mit ihren zwei Mini-Vans auf dem Weg zum Testspiel in Rostock angehalten, weil die Polizei eine Schlepperbande vermutet hatte. Ist das nicht diskriminierend und schikanös?

Koné : Das habe ich auch das erste Mal erlebt. In Amerika ist so etwas ja normal. Ich habe geschlafen. Auf einmal hielten wir an, und ich habe gefragt, was los ist, und dann hatte die Polizei uns als „Schlepperbande“ gestoppt. Die sind auch direkt in den hinteren Bus zu den Amis. Die Jungs haben dann gleich eine Strafe bekommen, weil sie nicht angeschnallt waren.

Wie empfinden Sie Hamburgs Willkommenskultur für die Flüchtlinge?

Koné : Das macht mich froh, ich habe selbst schon viele Klamotten weggegeben. Ich hatte noch viele zu kleine Sachen bei meiner Mutter. Ich bin stolz auf mein Hamburg. Ich liebe die Stadt. Hamburg ist halt einfach: Ich.