Mönchengladbach . Mönchengladbachs Lucien Favre tritt nach dem 0:1 gegen Köln zurück – gegen den Widerstand der Vereinsführung

Lucien Favre hat den Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach mit seinem überraschenden Abgang zusätzlich schockiert. Nach der Talfahrt mit fünf Niederlagen in Serie reichte der Schweizer 24 Stunden nach der Derby-Pleite beim 1. FC Köln am Sonntagabend seinen Rücktritt ein. „Nach reiflicher Überlegung und eingehender Analyse bin ich zu der Erkenntnis gekommen: Es ist in dieser Situation die beste Entscheidung, mein Amt als Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach niederzulegen“, teilte Favre schriftlich mit.

Der Club betonte, dass dies keine einvernehmliche Trennung sei und man immer noch mit Favre weiterarbeiten wollte. Der Trainer stand zwar nach den jüngsten Niederlagen in der Champions League beim FC Sevilla (0:3) und im rheinischen Derby in Köln (0:1) mächtig unter Druck. Man war sich aber sicher, mit dem Schweizer aus der Krise zu kommen. Sportdirektor Max Eberl hatte noch am Sonnabend erklärt: „Wir gehen da gemeinsam durch. Selbst wenn die Spirale jetzt möglicherweise weitergeht.“

Doch Favre glaubte nicht mehr daran, diese Wende herbeiführen zu können. „Ich habe nicht mehr das Gefühl, der perfekte Trainer für Borussia Mönchengladbach zu sein“, erklärte Favre. „Da muss ich ehrlich zu mir und meinen Partnern professionell sagen: Es geht um den Verein, um den Mythos Borussia! Ich muss diese Entscheidung für Borussia und die Zukunft treffen.“

„Wir sind vollkommen vor den Kopf gestoßen“, reagierte Vize-Präsident Rainer Bonhof in einer ersten Stellungnahme betroffen. „Wir haben den ganzen Tag miteinander geredet. Wir haben seinen Rücktritt abgelehnt, weil wir der Meinung waren, dass wir es zusammen schaffen werden. Er ist dann aber selbst nach vorne gegangen.“

„Wir sind nach wie vor total davon überzeugt, dass Lucien der perfekte Trainer für Borussia ist und wir gemeinsam mit ihm die aktuelle, sehr schwierige sportliche Situation überstehen werden“, sagte Manager Max Eberl in einem Borussia-Statement – und lehnte den Rücktritt immer noch ab. Präsident Rolf Königs hat den Kampf um Favre dagegen offenbar aufgegeben: „Wir haben gehofft, dass wir ihn auch dieses Mal überzeugen können, bei uns und mit uns weiterzumachen. Mit seinem öffentlich gemachten Rücktritt hat er nun Fakten geschaffen, die uns bis ins Mark treffen. Wir sind sehr traurig, dass dieser gemeinsame Weg nun offenbar zu Ende ist.“

1679 Tage war Lucien Favre Trainer des Bundesligisten. Am 14. Februar 2011 übernahm er das Amt beim in großer Abstiegsgefahr schwebenden Club und rettete die Borussia über den Umweg Relegation vor dem Abstieg. In der Saison 2011/12 sammelten die Fohlen 60 Punkte und wurden Bundesliga-Vierter. Ein Jahr später ging es in der Europa League bis in die K.-o.-Phase. In der vergangenen Saison blieb Gladbach in den ersten 18 Pflichtspielen ungeschlagen, wurde Dritter und schaffte den Sprung in die Champions League. Auf der Borussia-Homepage wird Favre als „Glücksfall für Borussia“ bezeichnet. Doch der Absturz war dramatisch. Sechs Pflichtspielniederlagen in Serie kassierte Favre mit Gladbach. Verletzungspech, eine nicht ausreichende Kaderplanung und viele Personalwechsel von Spiel zu Spiel führten zum Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz. Favre wirkte zuletzt ein wenig ratlos und hatte wohl kein Rezept mehr, die Mannschaft in die Spur zu bringen.

In Köln hatte die Borussia wieder einmal erschreckend harmlos agiert, vom Offensiv-Spektakel des Vorjahres ist nichts übrig geblieben. „Sisyphos lässt grüßen. Du schiebst die Kugel immer wieder hoch, dann rollt sie wieder zurück“, sagte Eberl. Nur noch eine weitere Pleite fehlt zu Fortuna Düsseldorfs Negativ-Startrekord aus der Saison 1991/92.

Dem Schweizer dürfte die prekäre Lage bekannt vorgekommen sein. Im September 2009 hatte Favre nach der Beinahe-Meisterschaft mit Hertha BSC sogar sechs Pleiten in Folge kassiert und war daraufhin entlassen worden. „Ich werde die ereignisreichen Jahre als meine schönste und emotionalste Zeit als Trainer nie vergessen“, betonte Favre. „Die Clubführung, mit der ich immer vertrauensvoll zusammengearbeitet habe. Die Fans, die diese unvergleichliche Stimmung erzeugen können. Ihr werdet immer in meinem Herzen bleiben!“ Wie es weitergeht, ist völlig offen – die Borussen-Fans riefen in den sozialen Netzwerken umgehend nach Jürgen Klopp.