Bei Borussia Mönchengladbach wird es nach der Pleite in Sevilla zunehmend ungemütlich. Favre nennt Sevilla-Profi einen „Schauspieler“.

Sevilla. Nach der Demütigung von Sevilla wollte Yann Sommer nur noch ins Bett, doch er durfte nicht. Bis tief in die Nacht saß der Torhüter von Borussia Mönchengladbach in den Katakomben des Stadions fest, dann endlich hatte er genug getrunken für eine brauchbare Dopingprobe. Es war das passende Ende eines verkorksten Abends, an dem der desolate Zustand der Borussia gnadenlos offengelegt worden war.

„Das tut sehr, sehr weh. Der Druck wird immer größer, je mehr Spiele man verliert. Und wenn man fünf Niederlagen in Folge kassiert, dann spielt auch der Kopf eine Rolle“, sagte Kapitän Tony Jantschke nach dem enttäuschenden 0:3 beim FC Sevilla. Der Abwehrspieler versuchte erst gar nicht, den schwachen Auftritt zum Auftakt der Champions League zu beschönigen: „Jeder von uns macht im Moment einfachste Fehler. Solche Phasen gibt es leider.“

Null Punkte in der Liga, null Punkte in der Königsklasse: Borussia Mönchengladbachs derzeitige Phase ist durchaus alarmierend. Zumal in Sevilla die desaströse Leistung in der zweiten Halbzeit kaum Anlass zur Hoffnung auf Besserung gab. „Wir haben es schon oft gesagt: Wir haben derzeit keine ideale Situation“, sagte Trainer Lucien Favre, der die schwierigste Zeit seit seinem Amtsantritt im Februar 2011 durchmacht.

Favre genießt noch Kredit

Noch ist Favres Kredit dank seiner enormen Verdienste nicht aufgebraucht, doch auch der Schweizer braucht dringend ein Erfolgserlebnis. Sollte am Sonnabend auch noch das für die Fans enorm wichtige Derby beim 1. FC Köln verloren gehen, könnte die Stimmung kippen. „Wir müssen uns in Köln zerreißen. Wir wissen, dass das ein besonderes Spiel wird“, sagte Angreifer André Hahn bereits.

Zu erklären ist Gladbachs rapider Leistungsabfall innerhalb weniger Monate kaum. Die vielen Verletzten, der Abgang von Max Kruse und Christoph Kramer, das alles beantwortet die Frage nur zum Teil. Noch im Februar hatte fast dieselbe Mannschaft gegen Sevilla teilweise dominiert, nun brach sie nach der Pause in sich zusammen. „Unsere Mannschaft ist momentan nicht vergleichbar mit der, die wir im Februar hatten“, sagte Favre und meinte die Leistung, nicht das Personal.

„Er ist der beste Schauspieler der Welt“

Hinzu kommen umstrittene Entscheidungen wie beim Elfmeter zum 1:0. „Vitolo ist der beste Schauspieler der Welt. Das wusste ich schon seit langem“, sagte Favre zu der Fallsucht des Sevilla-Angreifers. Auch Hahn befand, die Andalusier seien „bei jeder Aktion gefallen, haben protestiert und geschrien“, Jantschke fragte nach den „mittlerweile 700 Schiris da draußen“, von denen keiner einschritt. Eine Ausrede für die Niederlage sei das aber nicht, betonten alle drei.

Klar ist aber auch: Das Abenteuer Champions League könnte angesichts der weiteren Brocken Juventus Turin und Manchester City schnell beendet sein. Umso wichtiger wird die Bundesliga, für Yann Sommer zählte schon am Mittwoch nur noch Köln. „Das Derby kommt zum richtigen Zeitpunkt“, sagte der Torhüter und blieb trotz seiner viel zu kurzen Nacht entspannt: „Schlechter geschlafen als sonst habe ich nicht.“