Der serbische Weltranglisten-Erste herzte Boris Becker nach seinem Triumph. Federer konnte 19 von 23 Breakchancen nicht nutzen.

New York. Novak Djokovic schrie die Freude über seinen zweiten US-Open-Titel nach 2011 in den Abendhimmel von New York - und herzte kurz darauf seinen Coach Boris Becker. Nachdem sich der Branchenführer in einem emotionalen Traumfinale mit 6:4, 5:7, 6:4, 6:4 gegen seinen Dauerrivalen Roger Federer (Schweiz/Nr. 2) durchgesetzt hatte, fiel die ganze Anspannung von Djokovic ab.

„Es war ein unglaublicher Abend für mich. Ich wusste, dass ich mein bestes Tennis spielen muss und bin erleichtert“, sagte der 28-jährige Serbe, der in Flushing Meadows seinen zehnten Grand-Slam-Titel holte und damit in dieser Saison drei von vier Majors gewonnen hat.

Federer, der 19 von 23 Breakchancen nicht nutzen konnte, versuchte seine Enttäuschung auf der größten Tennis-Bühne der Welt zu verbergen. „Es ist immer eine besondere Herausforderung gegen einen Champion wie Novak zu spielen. Das war ein weiterer großer Sieg für ihn“, sagte Grand-Slam-Rekordgewinner Federer. Der 34-Jährige hat seit Juli 2012 (Wimbledon) keinen Major-Titel mehr geholt.

Das Endspiel im mit 23.771 Zuschauern ausverkauften Arthur-Ashe-Stadium hatte wegen Regens mit dreistündiger Verspätung begonnen.

Zuschauer waren auf Federers Seite

Der ohne Satzverlust ins Finale eingezogene Federer verpasste es, sich mit seinem sechsten US-Open-Coup zum alleinigen New-York-Rekordsieger zu krönen. Der Davis-Cup-Gewinner hätte zudem mit seinem 18. Grand-Slam-Titel der älteste Major-Gewinner seit 43 Jahren werden können.

In einer spannenden Partie wurde Federer von den Zuschauern - darunter Hollywoodstars wie Sean Connery und Leonardo di Caprio - immer wieder frenetisch angefeuert.

Die Vorentscheidung fiel, als er bei einem 1:2-Satzrückstand gleich zu Beginn des vierten Satzes sein erstes Aufschlagspiel abgeben musste. Insgesamt konnte der siebenmalige Wimbledonsieger, dem 54 unerzwungene Fehler unterliefen, nur vier seiner 23 Breakchancen nutzen - Djokovic dagegen war bei sechs von 13 erfolgreich.

Der 42. Vergleich der beiden Ausnahmekönner hatte mit einer Schrecksekunde begonnen. Djokovic rutschte beim Stand von 2:1 böse aus, als er ans Netz rücken wollte.

Der fünfmalige Melbourne-Gewinner verletzte sich bei dem Sturz am Ellbogen und an der rechten Schlaghand. Von den folgenden acht Punkten machte Djokovic nur einen einzigen. Doch er profitierte immer wieder von den leichten Fehlern Federers und holte sich nach 41 Minuten den ersten Durchgang.

Niveau stieg, Anfeuerungen wurden lauter

Im Anschluss stieg das Niveau der Partie und die Anfeuerungen für Publikumsliebling Federer wurden immer lauter - was Djokovic zusehends frustrierte. Beim 5:4 vergab der Schweizer zunächst zwei Satzbälle, doch wenig später schaffte er mit Nummer vier den Ausgleich.

Das Momentum in einem aufregenden Duell wechselte ständig. Auch weil beide Spieler nicht so konstant wie gewohnt servierten. Djokovic drohte sogar noch, eine 5:2-Führung im vierten Satz zu verspielen. Doch Federer konnte drei Breakchancen zum möglichen 5:5 nicht nutzen. Wenig später segelte ein Vorhand-Return des „Maestros“ ins Aus - und Djokovic war im siebten Himmel. Auch 2011 hatte er drei von vier Grand Slams gewonnen. „Aber diese Saison genieße ich noch mehr. Ich bin jetzt Ehemann und Vater, das macht alles noch süßer“, meinte der „Djoker“.

Vor dem Finale hatte Becker die Atmosphäre angeheizt, als er Federer indirekt Respektlosigkeit vorgeworfen und dessen als Return geschlagenen Halb-Volley von der T-Linie kritisiert hatte.

Für Becker hat es den Anschein, als nehme der Schweizer den Aufschlag seiner Gegner nicht ernst. „Es gibt aber im Fußball ungeschriebene Regeln, und es gibt im Tennis ungeschriebene Regeln“, sagte Becker über die sogenannte „Sneak Attack by Roger“ (SABR). Im Finale zeigte Federer den Schlag allerdings nur selten.