Peking. Kugelstoßerin Christina Schwanitz jubelte über WM-Gold. Titelverteidiger David Storl wurde Zweiter

Das historische Doppel-Gold verpasste die Chemnitzer Gruppe von Trainer Sven Lang nur knapp. Noch nie zuvor in der Leichtathletik-WM-Geschichte gewann eine Nation beide Kugelstoß-Wettbewerbe. Christina Schwanitz hatte es zwar am Sonnabend am Eröffnungstag mit ihrem goldenen Stoß auf 20,37 Meter vor, doch ihr Trainingskollege David Storl musste sich nach den WM-Triumphen 2011 und 2013 mit 21,74 Metern in einem „Kugel-Krimi“ diesmal als Zweiter dem US-Amerikaner Joe Kovacs (21,93) geschlagen geben.

„Es war ein verkrampfter Wettkampf von mir. Ich bin froh, dass es noch zu Platz zwei gereicht hat“, sagte Storl, nachdem er mit 21,74 Metern im vorletzten Versuch immerhin noch von Platz vier auf zwei vorgerückt war. „Ich habe auf dem Weg ins Stadion irgendwo meine Linie verloren”, ärgerte sich der 25-jährige Sachse. Und während Kovacs seinen ersten großen Titel feierte und der Jamaikaner O’Dayne Richards (21,69) sein Überraschungsbronze bejubelte, schlich Storl bedient aus dem Vogelnest. „Jetzt muss ich schauen, dass ich dass schnell verarbeite und mich auf Rio konzentriere.“

24 Stunden vorher hatte Christina Schwanitz, eine andere Musterschülerin von Erfolgscoach Sven Lang, schon vor ihrem letzten Versuch die Faust geballt. Sie hatte es geschafft. Erste deutsche Kugelstoßweltmeisterin seit Astrid Kumbernuss 1999.

Weltmeisterin, mit diesem Ziel war sie als Weltjahresbeste im Kugelstoßen nach Peking gefahren. „Aber Hoffen und Haben sind zwei Dinge“, sagte die gebürtige Dresdnerin. Sie weiß, wovon sie spricht. Später erzählte sie, dass ihr vor dem finalen Durchgang im Gefühl des Triumphes noch einmal all ihre Misserfolge durch den Kopf gegangen seien. Wie ihr bei der Freiluft-WM 2011 und bei der Hallen-WM 2012 die Nerven einen Streich gespielt hatten. „Da habe ich komplett versagt“, sagte sie in Peking und tat dann das, was sie nach fast jedem Satz macht: Sie lachte.

Vor 2012 war ihr oft das Lachen vergangen. Die Psychologin Grit Reimann fand den tiefen Grund ihrer mentalen Schwäche. Schwanitz hatte auf der Realschule mal eine Prüfung verhauen. Immer wenn sie im Sport in eine Stresssituation geriet, schlich sich die Erinnerung an dieses Versagen zurück. „Meine Psychologin hat mir das einfach aus dem Kopf weggemacht.“ Aus dem Nervenbündel wurde ein Siegertyp. Nach EM-Gold 2014 ist sie jetzt auch Weltmeisterin und hat die 40.000 Dollar Prämie für den Sieg in der Diamond-League-Wertung bereits sicher.

Ihren WM-Triumph feierte die Sportsoldatin mit der Deutschlandfahne über den starken Schultern, ein paar Glückstränen und ein paar Bier, das sie „schon sehr gerne“ trinkt.