Hamburg. DBB-Auswahl holt in Wilhelmsburg mit drei Siegen den Supercup. NBA-Star Nowitzki sagt Pleiß eine große Zukunft in den USA vorher.

„Das ist Basketball!“, meinte ein entzückter Zuschauer, klatschte begeistert Applaus und seinem Nachbarn immer wieder auf die Schulter. Die deutsche Nationalmannschaft hatte beim Supercup in Wilhelmsburg im letzten Moment auch das letzte ihrer drei Spiele gewonnen, mit 68:66 (10:29, 23:18, 17:6, 18:13) gegen die in diesem Viernationenturnier sieglos gebliebene Türkei. 3401 Besucher in der ausverkauften Inselparkhalle hatten sich zwei Minuten vor dem Ende von ihren Sitzen erhoben, feierten im Stehen ihr Team, das eine bemerkenswerte Aufholjagd hingelegt hatte.

16:40 hatten die Deutschen nach 16 Minuten zurückgelegen, ehe sie Punkt für Punkt und mit zunehmender Spieldauer treffsicherer den Rückstand verkürzten. 32 Sekunden vor Schluss stopfte dann Center Tibor Pleiß unter den Ovationen des Publikums den Ball beidhändig mit einem Dunking zum 67:65 in den Korb, zur ersten Führung. Co-Mannschaftskapitän Heiko Schaffartzik stellte 25 Sekunden später den Sieg sicher, als er zumindest einen seiner zwei Freiwürfe zum 68:65 verwandelte.

Der Mann, den alle in der Halle auf dem Feld sehen wollten, saß da längst auf der Bank und jubelte seinen Kollegen von außen zu. Es war nicht das Spiel des Dirk Nowitzkis, dem per Freiwurf bloß ein Punkt gelang. Nur bei seinem Länderspieldebüt 1997 gegen Portugal hatte der damals 19-Jährige keinen Zähler erzielt. Zwei Wochen vor Beginn der Europameisterschaft (5. bis 20. September) mit der Vorrunde in Berlin zog Nowitzki dennoch ein positives Fazit der drei Hamburger Tage: „Wir haben als Mannschaft bei diesem Turnier einen Schritt nach vorn gemacht gegenüber den beiden verlorenen Spielen vor einer Woche gegen Kroatien. Wir sind enger zusammengerückt, und eine ganze Menge passt schon.“ Er selbst wolle in den Tagen bis zum EM-Beginn weiter intensiv an seiner Technik und Fitness arbeiten.

Nowitzki ist eigentlich voll im Plan

Elf Punkte hatte Nowitzki im ersten Spiel gegen Lettland (85:80) geworfen, am Sonnabend gelangen ihm beim 82:69 (44:31) über Polen als bester deutscher Schütze 18. Sieben seiner neun Würfe aus dem Feld waren hier Treffer, eine starke Quote. „Dirk ist spät in die Vorbereitung eingestiegen. Drei Spiele in drei Tagen kamen noch etwas zu früh für ihn. Ich schätze aber, er ist von seiner Form her dort, wo er zu diesem Zeitpunkt sein wollte“, meinte der ehemalige Göttinger Bundesligastar Wilbert Olinde, 60, der nun seit fast 20 Jahren in Hamburg lebt.

Wie gegen Polen fehlte gegen die Türken Spielmacher Dennis Schröder, 21, der sich im Auftaktspiel gegen Lettland eine Knöchelverletzung zugezogen hatte. „Ich hätte wieder spielen können, aber wir wollten nichts riskieren“, sagte der Point Guard der Atlanta Hawks. Weil sein Vertreter Maodo Lo, 22, ebenfalls angeschlagen war, verteilte diesmal Schaffartzik, 31, die Bälle. Mit 19 Punkten trug er an erster Stelle zum Erfolg bei. „Heiko hat uns im zweiten Viertel mit seinen Dreipunktewürfen den Schub gegeben, mit dem wir in die Partie zurückgekehrt sind. In der zweiten Halbzeit sind wir endlich als Team aufgetreten“, sagte Bundestrainer Chris Fleming. „Wir haben alle drei Spiele auf unterschiedliche Art gewonnen, das macht mich zuversichtlich für die EM.“ Die Türkei ist dabei einer der fünf deutschen Vorrundengegner. „Umso wichtiger war es, dieses Statement abzuliefern“, meinte Schaffartzik.

Nowitzki glaubt an NBA-Zukunft von Pleiß

Dass die deutsche Mannschaft auch ohne ihre NBA-Stars Nowitzki und Schröder ein Spiel drehen kann, besonders das machte Bundestrainer Fleming wohl Mut: „Wir haben inzwischen viele Möglichkeiten, wir sind nicht mehr so leicht ausrechenbar wie früher, als alles nur über Dirk lief.“

Der auffälligste Spieler in Hamburg war dann auch jemand, der sein Debüt in der nordamerikanischen Profiliga im Herbst bei den Utah Jazz erst geben wird. Tibor Pleiß, 25 Jahre, 2,16 Meter groß, gab mit 51 Punkten in den drei Supercup-Spielen den sichersten Schützen ab. „Seine Entwicklung ist überragend“, freute sich Fleming. Nowitzki glaubt nicht erst nach diesen Vorstellungen, „dass Tibor in der NBA seinen Weg gehen wird“. Ein paar Tipps will sich der Gelobte in den nächsten Wochen noch von Nowitzki holen, bevor er Ende September nach Salt Lake City fliegt. Als neues Hobby hat Pleiß das Fotografieren entdeckt („Bei meiner Größe habe ich eine spezielle Perspektive“), in Wilhelmsburg jedoch waren Aufnahmen von ihm der Renner. Pleiß: „Ja, meine Leistungen waren ordentlich. Wichtiger jedoch ist, dass wir als Mannschaft immer besser zusammenfinden.“ Ende dieser Woche stehen in Straßburg und vor 18.553 Zuschauern in der Kölner Arena (Sonntag, 15 Uhr, ZDF) gegen Frankreich die letzten beiden Testspiele vor der EM an.

Ergo Supercup: Deutschland – Lettland 85:80, Polen – Türkei 83:73, Deutschland – Polen 82:69, Lettland – Türkei 81:79, Deutschland – Türkei 68:66, Lettland – Polen 81:80. Endstand: 1. Deutschland 3:0 Siege, 2. Lettland 2:1, 3. Polen 1:2, 4. Türkei 0:3.