Bremen. Basketball-Nationalteam verliert mit ihrem Superstar zwei Testspiele gegen Kroatien. In Hamburg soll nächstes Wochenende vieles besser werden.

Es sieht ganz danach aus, als stehe einer Rundumversorgung für den alten Basketball-Recken bei der kommenden Europameisterschaft (5.– 20. September) nichts im Wege. Die lieben Mitspieler haben ihren Star Dirk Nowitzki jedenfalls in einem Begrüßungsvideo so empfangen: „Die Ärzte sind vorbereitet“, stellt Robin Benzing da launig fest, und Karsten Tadda ergänzt: „Sauerstoffzelt, Rollator, Rheumadecken.“ Eine fröhliche Anspielung auf die Lebenserfahrung ihres Routiniers, die in der Frage von Tibor Pleiß gipfelt: „Wir sollten nicht zu viel erwarten, wie alt ist er eigentlich – 40?“

Das er nun auch wieder nicht. Nowitzki ist im Juni 37 Jahre alt geworden. Trotzdem trägt der Würzburger, der 17 Spielzeiten in der NBA für die Dallas Mavericks in den Knochen hat, einen großen Teil der deutschen Hoffnungen – zumindest in der Öffentlichkeit. Da können Bundestrainer Chris Fleming und die Kollegen aus dem Nationalteam wie Nowitzki selbst („Es muss jeder Verantwortung übernehmen, wenn wir etwas erreichen wollen“) die Erwartungen dämpfen, so viel sie wollen: Obwohl mit Dennis Schröder und Pleiß zwei weitere NBA-Spieler im Team stehen, der Mann, auf den alle schauen, der Go-to-guy, der Spieler für die entscheidenden Würfe, bleibt – Dirk Nowitzki.

Beim Spiel am Sonntag in Bremen gegen Kroatien klappte das noch nicht nach Wunsch. Der erste Wurf des 2,13 Meter großen Hünen landete wohl im Korb. Doch am Ende hatte Nowitzki zwar 25 Minuten auf dem Feld gestanden, aber nur sieben Punkte erzielt. Und die deutsche Mannschaft 63:80 verloren, viel klarer als beim 72:74 zwei Tage zuvor in Zagreb. Da hatte Nowitzki gesagt, er fühle sich angesichts der vielen fremden Spielsysteme noch wie „ein Huhn ohne Kopf“. Sein Fazit nach Bremen klang gnädiger: „Es war schon besser heute.“ Und die Stimmung vor fast 10.000 Zuschauern sowieso: „Das Gänsehaut-Feeling geht nie weg.“

Es war Nowitzkis 143. Länderspiel, sein erster Auftritt in der Heimat im Nationalteam seit dem Spiel gegen Mazedonien am 28. August 2011 in Berlin, der Generalprobe für die anschließende EM in Litauen. Die übrigens ein ziemlicher Flop wurde: Nowitzki und die Seinen verpassten das Viertelfinale, wurden Neunter. Diesmal darf es gern ein bisschen mehr werden. In der am 5. September beginnenden Vorrunde warten in Berlin zwar mit Spanien, Serbien, Italien und der Türkei neben dem Außenseiter Island sehr schwere Gegner, doch alles andere als mindestens Platz vier und damit der Einzug ins Achtelfinale wäre eine riesige Enttäuschung. So vermessen, das EM-Finale anzupeilen und damit ein Direktticket zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio zu erobern, ist kaum jemand. Allerdings liebäugeln die Deutschen mit Rang sieben, der zur Teilnahme an einem Qualifikationsturnier für Rio berechtigt. Schon 2008 gelang auf diesem Weg die Olympiateilnahme in Peking.

Damals war Nowitzki 30. Von seinen einstigen Mitstreitern ist niemand mehr dabei. Selbst von der EM in Litauen sind mit Pleiß, Benzing und Heiko Schaffartzik nur drei übrig geblieben. Es ist noch viel mehr geschehen seitdem. Nowitzki feierte seinen größten Triumph 2011 mit dem Gewinn des NBA-Titels. Er hat geheiratet und zwei kleine Kinder, die den Papa in Beschlag nehmen. Einstige Kollegen wie Patrick Femerling, Mithat Demirel, Ademola Okulaja oder Marko Pesic, mit denen er 2002 WM-Bronze und 2005 EM-Silber gewann, sind als Trainer, Manager oder Spieleragenten unterwegs. Nowitzki dagegen läuft und läuft und wirft und wirft. Seinen Vertrag in Dallas bis 2017 will er auf jeden Fall erfüllen. Wenn die Rheumadecke nicht ruft.

Den Stress mit der Nationalmannschaft hätte er sich gewiss nicht mehr angetan, würde die EM-Vorrunde nicht in Deutschland stattfinden. Seit das feststand, sagt er, habe das Kribbeln begonnen. Wenigstens einmal wollte Nowitzki ein großes Turnier vor eigenem Publikum spielen. Dass die ersten beiden Testspiele gegen Kroatien viele Fragezeichen hinterließen, muss noch niemanden irritieren. „Wir haben noch gut zwei Wochen Zeit zum Trainieren“, beruhigte er die Gemüter, „ich muss noch besser in die Mannschaft inte­griert werden und besser meinen Rhythmus finden.“ Auch Dennis Schröder, mit 19 Punkten der beste Deutsche an diesem Nachmittag, sagte: „Wir hatten erst vier gemeinsame Trainingseinheiten und müssen uns besser reinfinden.“ Schaffartzik, der sich noch an die Integration des Mavericks-Stars in die Mannschaft vor vier Jahren erinnerte, ergänzte: „Damals war es ähnlich. Wir als Mannschaft sind in der Pflicht, Dirk offensiv mehr ins Spiel zu bringen.“

Bis zum EM-Start gibt es noch vier Gelegenheiten zum Üben: den Supercup in Hamburg mit drei Spielen am nächsten Wochenende und die Spiele gegen Titelverteidiger Frankreich am 28. (Straßburg) und 30. August (Köln). Vor allem von Schröder erwartet Nowitzki dabei sehr viel. „Der hat eine Präsenz mit seinen 21 Jahren, das ist unglaublich. Wir hatten in Deutschland noch nie einen so guten Spielmacher.“