Der Hamburger Tennis-Profi kommt einfach nicht mehr auf Touren. Auch in Washington schied der 37-Jährige in der ersten Runde aus.

Washington/Frankfurt. Die letzte Rückhand von Tommy Haas segelte weit hinter die Grundlinie. Aus in Runde eins in Washington. Enttäuscht trottete der Routinier nach dem 3:6, 4:6 gegen den Weltranglisten-75. Donald Young (USA) ans Netz und zupfte genervt an seinem Basecap. Anstatt sich Selbstvertrauen für die große Bühne bei den US Open (31. August bis 13. September) zu holen, kassierte Haas beim wohl aussichtslosen Kampf um die alte Form den nächsten Rückschlag.

Seitdem der 37-Jährige im Juni beim Turnier in Stuttgart nach 378-tägiger Verletzungspause ein Comeback gefeiert hat, gewann er von sieben Matches nur zwei. Trotzdem geht Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann nicht davon aus, dass Haas nach dieser Saison seine Karriere beendet. „Ich glaube, dass er weitermacht. Weder von ihm, noch aus seinem Umfeld habe ich etwas anderes gehört. Ich traue ihm auch noch einiges zu“, sagte Kohlmann dem sid: „Mit seinem Willen wird es Tommy schaffen, auf seine Art zurückzukommen.“

Als Beweis für diese Einschätzung sieht Kohlmann die Tatsache, dass die ehemalige Nummer zwei der Weltrangliste zuletzt wochenlang mit Konditionstrainer Christian Rauscher geackert hat. „Sein Hauptfokus liegt auf den US Open. Da will Tommy zu 100 Prozent fit sein“, meinte Kohlmann.

Und Haas ist sogar für das Relegationsspiel um den Klassenerhalt in der Weltgruppe gegen Gastgeber Dominikanische Republik (18. bis 20. September) eine Option. „Er hat oft bewiesen, dass er gerade im Davis Cup sehr gute Leistungen zeigt. Außerdem kann Tommy eine Mannschaft führen. Wir werden uns demnächst über das Thema austauschen“, äußerte Kohlmann und stellte dem gebürtigen Hamburger mit Wahlheimat Los Angeles eine Nominierung in Aussicht: „Wenn er fit ist.“

Haas hat Probleme mit seinem Aufschlag

Fakt ist aber auch, dass die Zeit gegen den ultimativen Kämpfer Haas läuft. Nach vier Schulter-Operationen kann er sich nicht mehr auf sein einst so zielführendes Service verlassen. Nur noch selten erreicht sein Aufschlag die 180-Stundenkilometer-Marke - die Chance auf kräftesparende freie Punkte minimiert sich dadurch empfindlich.

Am Ende der Saison will Haas entscheiden, ob er sich sein 21. Jahr in der Knochenmühle Profitennis antun will. „Noch habe nicht das Gefühl, aufhören zu müssen“, sagte der ewige Tommy jüngst nach seinem Zweitrunden-Aus in Wimbledon.

Der Vater der bald fünfjährigen Valentina macht seinen Fans Hoffnung: „Wenn es so weitergeht, habe ich nichts dagegen, noch einmal in Wimbledon aufzuschlagen.“ Im All England Club hat er sich bereits in den Statistikbüchern verewigt. Die führen Haas nun als ältesten Spieler seit US-Legende Jimmy Connors im Jahr 1991, der ein Spiel beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt gewonnen hat.

Die Konkurrenz jedenfalls hat noch einen Riesenrespekt vor dem Ausnahmetalent mit der feinen Technik. „Es ist wunderbar, dass Tommy noch immer die Herausforderung sucht. Am Ende des Tages hat er auf jeden Fall eine großartige Karriere gehabt“, sagte Grand-Slam-Rekordsieger Roger Federer (Schweiz).

Und auch für die Zeit nach der Tennis-Laufbahn scheint Haas bereits gerüstet. Jüngst fungierte er als Model für ein amerikanisches Mode-Label. Die aktuelle Kollektion ist inspiriert von der Exotik der hawaiianischen Insel Lanai. Sunnyboy Haas wird es freuen. Viel lieber aber will er noch einmal auf der großen Tennis-Bühne stehen - am besten im gleißenden Scheinwerferlicht der US Open in New York.