Paris. Rostocker gewinnt letzte Etappe der Tour de France. Christopher Froome übersteht den finalen Angriff in den Alpen und wird Gesamtsieger

Am Ziel seiner Träume angelangt, hatte André Greipel Tränen in den Augen. Sichtlich gerührt stieg das Kraftpaket aus Rostock zusammen mit seinen beiden Töchtern im Schatten des Arc de Triomphe die große Bühne zur Siegerehrung hinauf. „Davon habe ich immer geträumt. Paris ist die Sprinter-Hauptstadt im Radsport“, sagte der 33-Jährige, nachdem er sich am Sonntag auf den Champs Élysées zum Sprinterkönig der 102. Tour de France gekrönt hatte. In der Punktewertung um das Grüne Trikot musste er trotz vier Etappensiegen allerdings dem Slowaken Peter Sagan den Vortritt lassen.

Übermannt von seinen Gefühlen war auch Christopher Froome, als nach seinem zweiten Gesamtsieg nach 2013 „God Save The Queen“ für ihn ertönte. Auch der Brite hatte feuchte Augen, dann dankte er stockend seinen Teamkollegen und seiner schwangeren Frau Michelle. „Ich habe schwerste Momente bei der Tour überstanden. Das Gelbe Trikot ist sehr speziell.“

Schon zuvor hatte er seine – zunächst allerdings verregnete – Tour d’Honneur mit einem Gläschen Champagner genossen. Zusammen mit seinem Sky-Team war der Mann in Gelb in einer Reihe über die Ziellinie auf dem Pariser Prachtboulevard gefahren. „Beim ersten Mal ist ein Traum wahr geworden. Jetzt habe ich es wieder geschafft. Ich kann es kaum begreifen“, betonte der Brite, der in der Stunde des Triumphs die vielen – unappetitlichen – Anfeindungen abhakte.

Die Schlussetappe gehörte aber Greipel. Der 33-Jährige raste auf der 21. und letzten Etappe über 109,5 Kilometer von Sèvres nach Paris vor dem Franzosen Bryan Coquard und dem Norweger Alexander Kristoff über den Zielstrich. „Alles, was ich in meiner Karriere gemacht habe, zahlt sich jetzt aus. Ich bin stolz auf die letzten drei Wochen, stolz auf meine Karriere“, betonte Greipel. Es war der sechste deutsche Etappensieg – so viele holte keine andere Nation.

Ansonsten hieß es nach 3360,3 Kilometern auf den Champs Èlysées aber wieder „Rule Britannia“. Der 30 Jahre alte Froome wiederholte nach einem spektakulären Duell mit dem Kolumbianer Nairo Quintana seinen Toursieg von 2013.

Bis er den Siegerpokal auf dem Podium im Schatten des Arc de Triomphe hochhalten durfte, musste er aber am Vortag auf dem Weg ins Radsport-Mekka L’Alpe d’Huez „tausend Tode“ sterben. Sein hartnäckiger Rivale Quintana hätte Froome beim Showdown fast noch das Gelbe Trikot entrissen. Mickrige 72 Sekunden Vorsprung hatte der Brite nach über 85 Stunden Fahrzeit vor dem Kletterer aus den Anden nach Paris gerettet. Im Nachhinein erwies sich die Windkanten-Etappe nach Zeeland am zweiten Tag, als Quintana 1:28 Minuten verloren hatte, fast schon als Schlüsselerlebnis. Auf Platz drei fuhr der einst des Dopings überführte spanische Routinier Alejandro Valverde (+5:25) aus Quintanas Movistar-Team.

Froome hatte bereits in der ersten Pyrenäen-Etappe das Kommando übernommen und nicht mehr abgegeben. Für den wie ein Roboter auf dem Rennrad fahrenden Briten und sein Sky-Team war es der Startschuss für einen regelrechten Spießrutenlauf. Dopingvorwürfe wurden nicht nur verdeckt geäußert, Froome wurde beleidigt und bespuckt, mit Urin überschüttet, sein Team attackiert. Am Ziel seiner Träume angelangt, zeigte aber wenigstens der in Kenia geborene Sieger gute Manieren. „99,9 Prozent der Fans sind absolut fantastisch. Es sind nur wenige Zuschauer, die das Image beschmutzen“, sagte Froome, der auch das Bergtrikot holte. Der letzte Gesamtsieger, dem dies gelang, war 1970 Eddy Merckx.