Livarot/Hamburg.

Das Abschiedsfoto von der Tour de France zeigt Tony Martin vor dem gemieteten Privatjet, der ihn nach Hamburg brachte. Dann ging alles ganz schnell: Operation morgens um sechs Uhr, „zerbröseltes Schlüsselbein“ geflickt und die Weltmeisterschaften in neun Wochen in Richmond schon wieder im Blick.

Martins Arzt Helge Riepenhof erklärte am Freitag die OP für geglückt. „Wenn er keine Infektion bekommt, kann er nach einer gewissen Beobachtungszeit im Krankenhaus in etwa einer Woche wieder auf der Rolle trainieren und in rund sechs Wochen wieder Rennen fahren“, sagte Riepenhof.

Derweil rollte die Tour de France weiter, aus Respekt vor Martin verzichtete Chris Froome am Freitag auf das Maillot jaune. Martin verfolgte die Etappe nach seinem Eingriff per Fernsehen und twitterte danach: „Bin stolz auf mein Team. Mark Cavendish lässt mich im Krankenbett jubeln“.

Zwei Stunden wurde der 30-Jährige vom Spezialisten Philipp Inden im Berufsgenossenschaftliche Unfallkrankenhaus Boberg operiert. „Das Schlüsselbein war ganz schön zerbröselt. Eine spezielle Titanplatte, die nach etwa sechs Wochen wieder entfernt wird, fixiert den Bruch. Um eine Infektion zu verhindern, bekommt Tony intravenös Antibiotika“, erklärte Riepenhof.

Martin hatte sich am Abend nach dem Crash nicht mehr an den Hergang erinnern können. „Ich weiß nicht, ob ich Schuld war“, sagte der 30-Jährige, den drei Teamkollegen über die Ziellinie geschoben hatten. Da hatte er noch auf einen glimpflichen Ausgang gehofft. Die erste Diagnose traf ihn dann hart. „Mit einem offenen Bruch – ein Teil des Schlüsselbeins hatte die Haut perforiert – kann man nicht weiterfahren“, hatte Riepenhof erklärt.

Die Frankreich-Rundfahrt war für Martin fast in jedem Jahr seit 2009 eine Tour der Leiden: Im Jahr nach seinem Debüt machte ihm beim Auftaktzeitfahren in Rotterdam Nieselregen die Fahrt ins Gelbe Trikot zunichte. Auf der Kopfsteinpflaster-Etappe kam er zu Fall. 2012 erlitt er bei einem Trainingssturz einen Jochbeinbruch, einen Teilbruch der Augenhöhle, und einen Riss im Schulterblatt. Er kämpfte sich zurück. Bei der Tour endeten die Gelb-Träume, als im Prolog eine Glasscherbe den Reifen zerschnitt. Es kam noch schlimmer: Martin brach sich das Kahnbein, biss sich aber mehrere Tage durch – alles mit Blick auf Olympia. In London holte er Silber.

Augeben gibt´s eben nicht. Als der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister am Donnerstagabend der Tour „Au Revoir“ sagte, verkündete er: „Mein nächstes Ziel ist die WM.“