Hamburg. Der Erfolgsjockey gewinnt auf seiner erst dreijährigen Stute den Großen Hansa-Preis. Wettumsatz in Horn ging um 9,8 Prozent gegenüber 2014 zurück

Die dreitägige Hungerkur hat sich bezahlt gemacht – in jeder Beziehung. Als Jockey Andrasch Starke auf der Zielgeraden des Großen Hansa-Preises im Sattel von Lovelyn spät freie Fahrt fand, war das Duo nicht mehr aufzuhalten. Mit einem Kopf Vorsprung gewann das jüngste Pferd im zehnköpfigen Feld das zweitwichtigste Rennen der Derbywoche. Hut ab vor einer erstklassigen Stute und einem Reiter mit Fingerspitzengefühl und Chuzpe.

Bei der Ehrenparade vor der Haupttribüne ballte Starke immer wieder die Faust. Mit Elle Danzig hatte zuletzt 1998 ein dreijähriger Starter den Klassiker gewonnen. „Lovelyn hat zum Schluss grandios angezogen und eine großartige Moral bewiesen“, sagte ein tatsächlich erleichterter Andrasch Starke nach der Siegerehrung mit Nationalhymne für den für 7000 Euro nachgenannten 31:10-Favoriten.

Da der 41-jährige Profi, der in Stade geboren wurde, lange in Hanstedt in der Nordheide lebte und aktuell als Stalljockey bei Trainer Peter Schiergen in Köln arbeitet, nur 53 Kilogramm auf die Waage bringen durfte, fiel das ohnehin spartanische Leben zuletzt noch karger aus. Die Konkurrenz wog fünf bis sieben Kilo mehr. Und weil der Jockey fünf Prozent des Siegpreises, in diesem Fall 2000 Euro erhält, hatte sich die Prozedur gelohnt. Vom Nimbus ganz zu schweigen.

Während der Vorjahresdritte Sirius unter Jozef Bojko als Zweiter durchs Ziel preschte, belegte die krasse Außenseiterin Kaldera mit einem kurzen Kopf Rückstand den dritten Platz. Insgesamt war diese Prüfung der Europagruppe II über die Steherdistanz von 2400 Metern mit 70.000 Euro dotiert. Trainer Schiergen hatte den spannenden Einlauf vom Balkon der Haupttribüne aus verfolgt und musste sich sputen, um zur Zeremonie vor dem Waagegebäude einzutreffen.

Dort überreichte Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher die Ehrenpreise. Empfänger war der vermögende Möbelunternehmer Manfred Ostermann aus Witten in Nordrhein-Westfalen. Mehr noch als über 40.000 Euro Siegbörse freute er sich über das gewonnene Renommee seiner Stute, die am 31. Mai im Premio Oaks d’Italia in Mailand triumphiert hatte. In dieser Prüfung ging es sogar um 330.000 Euro. Schade nur, dass Lovelyn keine Derby-Nennung hat. Offensichtlich hatten die Manager des Gestüts Ittlingen der Stute früher nicht die nun bewiesene Klasse zugetraut.

Während Starke seinen Vollblüter für das nächste Rennen sattelte – und erneut gewann –, genoss der sozialdemokratische Finanzsenator die Atmosphäre. Über knallharte Politgeschäfte wurde an einem solchen Feiertag des Turfs nicht gesprochen. Denn am Vortag hatte sich der Vorstand des Rennclubs Architektenpläne einer künftigen Doppelrennbahn für Galopper und Traber präsentieren lassen.

Vor Ort in Horn hofft man, dass die Investition von rund zwölf Millionen Euro von der Stadt getätigt wird. Voraussetzung wäre ein kompletter Verkauf der Trabrennbahn am Volkspark. Dort indes wurden Tribüne und Piste just von privater Hand für mehr als fünf Millionen Euro renoviert. Bevor es grundsätzlich losgehen könnte, was noch nicht einmal im Ansatz der Fall ist, verlangt die Senatskanzlei eine Einigung beider Pferdesportsparten – und ein Konzept. Zumindest Letzteres liegt jetzt skizzenhaft vor. Auch darüber wurde diskutiert, als Edda und Albert Darboven vor Veranstaltungsbeginn zum großen Empfang in die Pik-König-Loge baten.

Gespannt blickt der Kaffeekaufmann neben anderen Besitzern und natürlich den Trainern auf die Auslosung der Derby-Startplätze heute Abend in der Hamburger Spielbank. Eine Position ganz innen oder außen kann in der Prüfung des Jahres taktische Nachteile bringen. Wahrscheinlich werden rund 16 Vollblüter am Wettstreit um das Blaue Band des Jahrgangsbesten am kommenden Sonntag teilnehmen.

Bis Montagmittag hofft der Rennclub auf ein oder zwei Nachnennungen. Jede von ihnen beschert dem Verein 65.000 Euro Gebühr, zehn Prozent des Preisgeldes im Derby (650.000 Euro). Ein deutscher Besitzer hat Interesse signalisiert, für seinen Dreijährigen derart tief in die Tasche greifen zu wollen. Und auch die irische Gestütsgruppe Coolmore erwägt diesen Schritt.

Wie Siegen in Hamburg-Horn geht, demonstrierten zwei Galopper von der Insel im ersten Höhepunkt der Derbywoche am Sonnabend: Im Franz-Günther-von-Gaertner-Gedächtnisrennen, einem mit 55.000 Euro dotierten Stutenrennen, gab es einen englischen Doppelerfolg. Die vom Holländer Adrie de Vries exzellent gesteuerte und erst im entscheidenden Moment eingesetzte Odeliz gewann knapp vor Evita Peron mit Andreas Helfenbein im Sattel. Für diesen Meisterritt gab es Beifall satt und 32.000 Euro Siegbörse. Kurz nach dem Deutschlandbesuch der Queen schallte die englische Nationalhymne über das Hippodrom.

Die beiden Auftaktveranstaltungen boten starken Sport. Allerdings lag der Wettumsatz am Sonntag mit 385.577 Euro 9,8 Prozent unter dem des Vorjahres. Nach einer Pause heute geht es an diesem Dienstag weiter rund. Auf dem Programm stehen in dem Seejagdrennen und dem Langen Hamburger zwei öffentlichkeitswirksame Attraktionen. Der Publikumsmagnet am Mittwoch muss dagegen ausfallen: Die Fußballprofis des HSV sagten den geplanten Besuch ab. Vielleicht gibt es Freitag ein Nachholspiel.