Spielberg. Der Wiesbadener fährt beim Großen Preis von Österreich Lewis Hamilton davon und macht die WM wieder spannend

Nico Rosberg grinste, als er sich den Helm vom Kopf riss, er grinste, als seine Mechaniker ihn auf Händen trugen, und er grinste ganz oben auf dem Podest von Spielberg. Nach dem hochverdienten Sieg vor Mercedes-Dauerrivale Lewis Hamilton drang die Erleichterung aus jeder Pore seines Körpers. „Das ist ein großartiges Gefühl, hier wieder zu gewinnen“, sagte Rosberg. Einen Meter entfernt nahm der geschlagene Hamilton seine Niederlage im WM-Duell weitgehend emotionslos zur Kenntnis.

Vor allem dank eines 185-Meter-Startsprints beschleunigte Rosberg seine Aufholjagd wieder im WM-Kampf gegen Hamilton. „Es freut mich, dass er mir heute das Leben nicht schwer gemacht hat, das war einer der einfacheren Tage“, betonte der Deutsche. Rosbergs Leistung beim dritten Sieg in den vergangenen vier Formel-1-Rennen musste auch der Titelverteidiger anerkennen. „Nico hat einen fantastischen Job gemacht. Er war im Rennen schneller“, sagte der 30-Jährige mit gequältem Lächeln.

Im WM-Klassement verkürzte Rosberg den Rückstand auf Hamilton auf nur noch zehn Punkte.

Dritter bleibt hinter dem konkurrenzlosen Silberpfeil-Duo Sebastian Vettel, der nach einem völlig verpatzten Boxenstopp in Spielberg als Vierter hinter Felipe Massa im Williams das Podest knapp verpasste. „So ein Fehler ist menschlich, das passiert. Wir waren bislang immer die absolut Schnellsten in der Boxengasse“, sagte Vettel zum Reifenwechsel. In der Gesamtwertung hat er 49 Punkte weniger als Hamilton. „Mühsam ernährt sich das rote Eichhörnchen“, sagte der Heppenheimer. Die Hoffnungen von Ferrari, die Silberpfeile über die insgesamt 71 Runden auf der nur 4,326 Kilometer langen Strecke attackieren zu können, erfüllten sich nicht. Auf Rosberg fehlten Vettel schnell über sieben Sekunden.

Sein Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen wurde im achten WM-Lauf nach wenigen Metern in einen schweren Unfall verwickelt. Der Finne kam bei dem Crash mit Fernando Alonso im McLaren aber ebenso wie der Spanier mit dem Schrecken davon. Nico Hülkenberg gelang mit Rang sechs eine Woche nach seinem Triumph bei den 24 Stunden von Le Mans das bislang beste Saisonergebnis.

Landsmann Rosberg setzte in Spielberg von der ersten Rennsekunde an um, was er sich vorgenommen hatte. „Ich probier es, klar“, kündigte der Vorjahressieger unmittelbar vor dem Start an. Gesagt, getan: Rosberg schnappte sich bis zur ersten Kurve seinen Teamkollegen. „Der Start hat mein Rennen schon klargemacht“, kommentierte Rosberg danach. „Nico war heute einfach der Bessere“, betonte Teamaufsichtsratschef Niki Lauda. „Er hat verdient gewonnen“, meinte auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff – wie Lauda kommt auch er aus Österreich. Selbst Hamilton kam nicht ran an den Deutschen, der erstmals seit seinem Monaco-Sieg nach dem Taktikdesaster mit Hamilton wieder Führungsrunden sammeln konnte.

Nach dem Reifenwechsel überfuhr der Brite mit seinem Mercedes auch noch die weißen Linien bei der Boxenausfahrt – die Strafe folgte prompt. Die Rennkommissare ahndeten den Verstoß mit fünf zusätzlichen Sekunden. Das Rennen war praktisch entschieden.

Der sportliche Niedergang seines einstigen Weltmeister-Rennstalls Red Bull sorgt unterdessen für Unmut bei Konzernchef Dietrich Mateschitz. In Spielberg holte Daniel Ricciardo als Zehnter den einzigen Punkt. Mateschitz dachte einmal mehr laut über einen folgenschweren Rückzug nach. „Wir verlieren ganz einfach die Lust. Wir sind schlechte Edelkomparsen“, so lautete sein Fazit in einem seiner seltenen Interviews, das er dem Fachportal Speedweek.com gab.

Hauptgrund ist der anfällige Motor von Lieferant Renault. Aber auch den Zuschauerrückgang und die oft langweiligen Rennen thematisierte Red Bull zuletzt häufig. Teamchef Christian Horner legte nun nach. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone und Weltverbandspräsident Jean Todt, so der Brite in der „Bild am Sonntag“, „müssen handeln! Der Formel 1 läuft die Zeit davon. Und die Fans! Unser Produkt ist nicht sexy genug. Die Regeln sind zu kompliziert, die Autos nicht dramatisch genug. Und du hast mit Mercedes einen Seriengewinner, der wenig Überraschungen zulässt.“