Köln. Die deutsche Nationalmannschaft unterliegt der USA verdient mit 1:2, zeigt körperliche und defensive Schwächen.

Warum sollte ein Fußballinteressierter zwischen 45 und 100 Euro investieren, um beim Länderspiel zwischen Deutschland und den USA live im Kölner Stadion dabei sein zu dürfen? Viele Argumente sprachen auf den ersten Blick dagegen: Viele Ausfälle auf DFB-Seite, dazu hatte die Nationalmannschaft nur zu oft mäßig engagierte Vorstellungen geboten. Immerhin 40.348 Zuschauer entschieden sich am Ende für einen Ticketkauf. Die allerdings bekamen zwar durchaus unterhaltsame, aber nicht immer hochklassige Kost für ihr Geld geboten – und eine 1:2-Niederlage im letzten Heimländerspiel der Saison.

An Erklärungen für die nicht wirklich weltmeisterliche Darbietung mangelte es nicht. Die Liste der fehlenden Kräfte für das Vorbereitungsspiel auf das letzte Pflichtspiel der Saison, die EM-Qualifikation gegen Gibraltar am Sonnabend (20.45 Uhr) in Faro, war lang. Auch Jerome Boateng saß nur auf der Bank, genau wie Lukas Podolski. Ein bitteres, aber klares Signal für den Lokalmatador, der selbst in seinem Wohnzimmer nicht einmal mehr von Beginn an spielen durfte.

So standen am Ende nur vier Weltmeister in der Startformation, und so manch ein Kartenkäufer durfte da schon gezweifelt haben, ob er doch einen Fehler gemacht hatte. In der ersten Hälfte war Joachim Löws Team allerdings durchaus gewillt, sich gegen jeden Anflug von Sommerfußball zu wehren. Gegen die US-Amerikaner, die sich in der letzten Vorbereitungsphase für den Gold-Cup befinden, legte „Die Mannschaft“, wie sie nun ja offiziell getauft wurde, sofort den Vorwärtsgang ein und erspielte sich gute Torchancen.

Bereits in der siebten Minute legte Mario Götze auf Mesut Özil auf, dessen harmloser Schuss aber in den Armen des US-Keepers Brad Guzan landete. Nur sechs Minuten später dann die Führung: Nach einem Solo von Patrick Herrmann und dem überlegten Querpass des Debütanten hatte Götze keine Mühe, aus elf Metern platziert ins rechte Eck zu treffen (13.).

Überhaupt Herrmann: Selten einmal präsentierte sich ein Neuling im DFB-Trikot so unbekümmert und selbstbewusst wie der 24-jährige Profi von Borussia Mönchengladbach. Der gebürtige Saarländer stach aus der Reserve-Elf mit seinem technisch versierten Tempofußball weit heraus. Ihn werden die Deutschland-Fans sicher nicht zum letzten Mal im Nationalelf-Trikot gesehen haben – genau wie den Kölner Profi Jonas Hector, der sich als Linksverteidiger immer wieder beherzt in die Offensive einschaltete.

Das 2:0 schien nur eine Frage der Zeit zu sein, doch erst vergab Götze nach Herrmann-Vorlage (31.), dann konnte André Schürrle seinen Kopfball nach einem Traumpass von Götze nicht richtig platzieren (33.). Mit zunehmender Spieldauer jedoch offenbarte das neu formierte deutsche Team deutliche Schwächen, vor allem in der Rückwärtsbewegung. Bei schnellen Vorstößen hatten die zentralen Mittelfelspieler Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan arge Tempoprobleme.

Die anfänglich noch sehr verhalten agierende Elf von Jürgen Klinsmann wurde immer mutiger, versuchte vor allem über Michael Bradley schnelle Konter zu setzen und kam fast folgerichtig noch vor der Pause zum verdienten 1:1-Ausgleich. Nach einem Pass Bradleys konnte Mix Diskerud, völlig unbedrängt von Sebastian Rudy, Ron-Robert Zieler überwinden (41.).

Wie sich herausstellte, war das Tor das Startsignal für die Gäste zu einer beeindruckenden Präsentation ihrer Stärke. In der zweiten Halbzeit berannten die USA-Spieler fast ständig das deutsche Tor und erspielten sich Torchancen am Fließband. Die Deutschen wiederum verloren, sicher bedingt auch durch die vielen Wechsel, völlig den Rhythmus. Immer mehr machte sich außerdem bemerkbar, dass die Bundesligasaison schon einige Zeit beendet war, während sich die Amerikaner körperlich in einem wesentlich besseren Zustand präsentierten. Die Belohnung für die drückende Überlegenheit holte sich Klinsmanns Team aber erst in der 87. Minute ab, als Bobby Wood von Zweitliga-Absteiger Erzgebirge Aue mit seinem Linksschuss aus 18 Metern Zieler überwand. Der erste Sieg der USA in Deutschland war perfekt. „Man muss sehen, woher wir kommen und auf welchem Fitnesslevel die Amerikaner sind“, sagte Bastian Schweinsteiger entschuldigend.

Obwohl noch das Gibraltar-Spiel aussteht, kann jetzt schon eine Bilanz der Nach-WM-Saison gezogen werden: Es war so wechselhaft wie das gestrige Länderspiel gegen die USA. Mit einigen wenigen netten, bezaubernden Momenten, aber auch mit viel zähem Stückwerk, was sich auch mit der 0:2-Niederlage gegen Polen und dem 1:1 gegen Irland in der EM-Qualifikation ausdrückte. Es wird wirklich Zeit, dass Pause ist.

Deutschland: Zieler – Rudy, Rüdiger, Mustafi, Hector – Schweinsteiger (46. Khedira), Gündogan (60. Kramer) – Herrmann (73. Bellarabi), Özil, Schürrle (46. Podolski) – Götze (73. Kruse) .
USA: Guzan – Chandler , Alvarado , Brooks , F. Johnson (46. Yedlin) – Williams (46. Evans) – Zardes (73. Wood) , Diskerud – Bradley – Johannsson (74. Morris), Agudelo (46. Beckermann).
Schiedsrichter: Danny Makkelie (Niederlande)