Berlin . Immer neue Enthüllungen lassen die Fifa nicht zur Ruhe kommen. Präsident Blatter versucht derweil, den Anschein der Normalität zu erwecken.

Die Fußball-Welt, die er aufgebaut hat, bricht um ihn herum zusammen - doch Joseph S. Blatter sieht aus wie ein glücklicher Rentner. Im kurzärmligen, hellblauen Hemd, das Sakko sauber aufgehängt, sitzt der 79-Jährige mit seiner Tochter Corinne in der Wirtschaft zur Höhe Zollikon in der Nähe des Zürichsees und lächelt in die Kamera. Dass der Druck der erschütternden Korruptionsvorwürfe auch auf den Noch-Präsidenten des Weltverbands Fifa immer mehr zunimmt - geschenkt.

"Meinem Vater geht es wirklich richtig gut", sagte Corinne Blatter-Andenmatten dem Sonntagsblick und schickte per SMS den Fotobeweis: "Er fühlt sich frei wie nie in seinem Leben." Das ist angesichts der immer neuen Details zu den systematischen Betrügereien bis auf die höchste Funktionärsebene erstaunlich - hat aber so auch bei den vergangenen Skandalen immer funktioniert. Ins Gefängnis sollen andere wandern.

"Wir fordern Jack Warner auf, uns von diesem Wahnsinn, den er über uns gebracht hat, zu befreien und sich schnell in den USA seinem Prozess zu stellen", sagte Prakash Ramadhar, Justizminister des Inselstaats Trinidad und Tobago. Warner, früher als Fifa -Vize Blatters enger Vertrauter und jahrelang Stimmenbeschaffer für den Mann aus dem Wallis, ist eine der Schlüsselfiguren in der Anklageschrift der US-Behörden und soll ähnlich wie Chuck Blazer zum "Whistleblower" gegen Blatter werden - wenn er sich denn endlich in den USA stellen würde.

Was der zwielichtige Geschäftsmann aber wirklich weiß und belegen kann, ist völlig offen. Von jenen zehn Millionen US-Dollar, die Warner mutmaßlich statt für karitative Zwecke für das eigenen Wohlbefinden ausgegeben hat, hatte Blatter jedenfalls Kenntnis. Das bestätigte die Fifa am Montag der englischen Zeitung Daily Telegraph. Der Weltverband betonte aber, Kenntnis zu haben bedeute nicht, in die Sache auch "involviert" gewesen zu sein.

IOC-Präsident Thomas Bach ermutigte die Fifa derweil, die internen Aufräumarbeiten "weiter voranzutreiben." Es benötige "schmerzhafte, aber notwendige Reformen", damit die Fifa ihre tiefe Krise überwinden kann, sagte Bach nach der Sitzung des Executive Boards des Internationalen Olympischen Komitees in Lausanne. Auch US-Präsident Barack Obama forderte die Fifa am Rande des G7-Gipfels im bayrischen Schloss Elmau zu Integrität und Transparenz auf.

Am Wochenende hatte die südafrikanische Sunday Times von einer E-Mail des Fifa Generalsekretärs Jérôme Valcke aus dem Jahr 2007 berichtet, in der er andeutet, dass Blatter wohl von jenen zehn Millionen US-Dollar gewusst hat.

Ob aber nun mit Blatters Segen oder ohne: Die Fifa und die südafrikanische Regierung bestehen seit Tagen darauf, dass die Summe (angewiesen vom inzwischen verstorbenen Fifa Funktionär Julio Grondona aus Argentinien) für ein Entwicklungsprogramm in der Karibik geflossen sei, und auf keinen Fall für die Bestechung bei der Vergabe der WM nach Südafrika 2010 gedient habe. Unlautere Dinge hat dann Empfänger Warner mit den Millionen getrieben.

Warner war Anfang 2008, als die Fifa die zehn Millionen Euro in drei Raten überwies, der Präsident des Kontinentalverbands von Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik CONCACAF. Allein 4,86 Millionen Euro der Gesamtsumme seien über den Weg einer lokalen Supermarktkette an ihn zurückgeflossen, berichtete die BBC.

Derweil sorgte eine am Montag aufgetauchte Summe nicht für eine weitere Verschärfung der tiefen Krise, sondern für Belustigung bei allen Fifa -Kritikern. United Passions, der hochkarätig besetzte Film über die Geschichte des Weltverbandes, hat bei seinem Kino-Start in den USA ein Debakel erlebt.

Nach Berichten amerikanischer Medien spielte der Streifen, der unter anderem Hollywood-Star Tim Roth in der Rolle von Blatter und Gerard Depardieu als Jules Rimet zeigt, an den ersten beiden Tagen lediglich 545 Euro ein. Die Fifa hatte das Projekt mit 25 Millionen Euro finanziert.

Maradona will Fifa-Vizepräsident werden

Diego Maradona will Vizepräsident des Fußball-Weltverbandes werden, sollte der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein Nachfolger von Fifa-Chef Joseph Blatter werden. Dies kündigte die argentinische Fußball-Legende in einem Interview mit dem TV-Sender America an. „Wenn Prinz Ali gewinnt, habe ich viele Chancen, um Vizepräsident der Fifa zu werden“, behauptete der Weltmeister von 1986, der seit langem als scharfer Kritiker von Amtsinhaber Blatter bekannt ist.

„Wenn ich komme, werde ich erst einmal kräftig aufräumen. Blatter hat Angst vor dem FBI und der Schweizer Polizei. Er hat Angst davor, die Fifa in Handschnellen zu verlassen“, sagte Maradona. Auch Uefa-Präsident Michel Platini nahm der 54-Jährige ins Visier: „Früher habe ich ihn respektiert, aber jetzt habe ich gemerkt, dass sein Wort wenig wert ist.“

Ali bin al-Hussein war bei der Präsidentenwahl auf dem Fifa-Kongress in Zürich vor anderthalb Wochen Blatter unterlegen. Wenige Tage später kündigte der Schweizer überraschend seinen Rücktritt an. Der Weltfußball-Verband steckt nach den jüngsten Korruptionsskandalen in seiner schwersten Krise.