Berlin. Der Fußballweltverband stellte das Land nach dem Skandalspiel gegen Frankreich wegen der verpassten WM mit einer heimlichen Zahlung ruhig

Die verdeckte Millionen-Zahlung der Fifa an den irischen Fußball-Verband ist bei Spitzenfunktionären wie DFB-Chef Wolfgang Niersbach auf Unverständnis gestoßen. „Ich kann mir keinen Reim machen auf diesen neuen Vorgang“, sagte er über Meldungen, nach denen Irland nach dem Ausscheiden in der Qualifikation zur WM 2010 gegen Frankreich fünf Millionen Euro vom Verband erhalten hat.

Niersbach und die Spitze des europäischen Verbandes Uefa trafen sich vor dem Champions-League-Finale in Berlin zu Beratungen, wie nach der Rücktrittsankündigung zu verfahren ist und ob es einen Kandidaten für die Nachfolge von Fifa-Chef Joseph Blatter gibt. Ob über das Thema Irland gesprochen wurde, war nicht bekannt.

Richtig sauer reagierte der frühere Fifa-Vizepräsident, der Nordire Jim Boyce, auf den Zuschuss. „Dass man eine Zahlung von fünf Millionen anweist, um rechtliche Schritte zu unterbinden, ist für mich unvorstellbar“, sagte Boyce, dessen vierjährige Amtszeit in der vergangenen Woche beim Skandal-Fifa-Kongress in Zürich geendet hatte. „Wenn der Fifa-Präsident (Blatter) das ohne Wissen des Exekutivkomitees genehmigt hat, dann muss das untersucht werden.“

Hintergrund dieser Affäre ist, dass Irland im November 2009 im Playoff-Rückspiel in Frankreich mit 1:1 nach Verlängerung ausgeschieden war. Dem Ausgleichstreffer in Paris ging ein nicht geahndetes Handspiel von Thierry Henry voraus. Der irische Verband hatte (erfolglos) versucht, dennoch zur WM nach Südafrika zu fahren. Die Zahlung wurde vom Weltverband bestätigt, „um den Ansprüchen Irlands gegen die Fifa ein Ende zu setzen“. Die Summe sei als Darlehen für den Stadionbau ausgezahlt worden und sollte von den Iren bei einer erfolgreichen Qualifikation für die WM-Endrunde 2014 in Brasilien zurückerstattet werden. Nachdem das Team auf der Strecke geblieben war, sei entschieden worden, den Betrag abzuschreiben.

Der Darstellung eines Darlehens widersprach der irische Verband (FAI) umgehend. Die Zahlung sei ein Vergleich und kein Darlehen gewesen, teilte die FAI mit. „Außerdem war Vertraulichkeit die einzige Bedingung dieser Regelung.“

Nach Bekanntwerden immer neuer Vorwürfe, bei der Auswahl von Weltmeisterschaften sei mehr als einmal Bestechungsgeld geflossen, schloss Niersbach Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland aus. „Wir hatten die absolut beste Bewerbung, und das hat uns die Fifa von einer unabhängigen Kommission bestätigt“, sagte Niersbach im ZDF.

Im Machtkampf um die Fifa-Spitze beginnt derweil das Schaulaufen der Kandidaten: Jérôme Champagne, von 1999 bis 2010 stellvertretender FIFA-Generalsekretär und zuletzt erfolgloser Gegenkandidat des scheidenden Blatter, erwägt erneut eine Kandidatur. „Ich habe mich noch nicht entschieden, aber ich schließe nichts aus“, sagte er der „Neuen Züricher Zeitung“. Im vergangenen Präsidentschafts-Wahlkampf hatte Champagne seine Bewerbung frühzeitig zurückgezogen.

In dem Interview mit der „NZZ“ nahm er Blatter in Schutz und hob dessen Verdienste hervor. „Ich bin nicht da, um Blatter oder sonst jemanden zu verteidigen“, sagte Champagne. „Aber die Geschichte wird Blatter Gerechtigkeit widerfahren lassen – für das, was er für den Fußball geleistet hat.“

Der französische Berufsdiplomat ging hart mit europäischen Fußball-Funktionären ins Gericht. „Als er (Blatter) 1975 anfing, war die Fifa eine kleine, eurozentristische Organisation, dominiert von weißen Europäern.“ Im Rest der Fußballwelt „gibt es einen Groll gegen das arrogante angelsächsisch-skandinavische Europa“.