Dortmund. Marco Reus verlor mit dem BVB zwei Endspiele – Hoffnung auf ersten Konfettiregen im DFB-Pokalfinale nach vielen Rückschlägen

Das Beschwören dunkler Mächte ist im Fußball durchaus verbreitet. Borussia Dortmund bildet da keine Ausnahme. Denn eigentlich steht den Fußballern stets der Großsponsor Turkish Airlines mit seiner Flotte für weite Reisen zur Verfügung. Doch als am Freitag um elf Uhr der Flieger mit dem schwarz-gelben Tross in Richtung Berlin zum Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg abhob, übernahm den Transport aus Aberglauben eine andere Fluglinie. Die nämlich, auf die im Jahre 2012 zurückgegriffen wurde, als der BVB zuletzt ein Finale gewann – 5:2 gegen Bayern München.

Damals, als sich die Borussia – Meister und Pokalsieger in einer Saison – national auf dem Höhepunkt ihres Wirkens befand, schloss sich ihr kurz danach ein junger Mann an, der sich am Freitag ebenfalls in der Maschine befand: Marco Reus, Nationalspieler, Ausnahmekönner. Aber auch: König von Dortmund ohne Titel.

Gegen Wolfsburg hat am Sonnabend einer der begabtesten deutschen Fußballer die nächste Gelegenheit, seiner Karriere die goldene Farbe zu verleihen, die sein Talent verspricht. Doch die zurückliegenden 24 Monate waren aus dieser Perspektive fast schon tragisch. Berlin werde „etwas ganz Besonderes“, sagt Reus vorab. Nicht wesentlich mehr. Er weiß, was auf dem Spiel steht. Für seinen Verein. Für ihn selbst.

„Natürlich wäre das für Marco toll, den Titel zu gewinnen. Aber er wird auch unabhängig vom Ausgang des Spiels noch Titel mit dem BVB holen“, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor dem 72. DFB-Pokalfinale, das in 176 Länder übertragen wird. Er hat all die Momente aus der Nähe miterlebt, die Reus’ Sehnsucht nach Titeln so dramatisch vergrößert. 2013 schwebte Reus mit Götze, Gündogan und Lewandowski durch die Champions League bis ins Finale von London. Reus holte den Elfmeter heraus, der zum Ausgleich gegen die Bayern führte. 60 Sekunden vor dem Ende platzte der Traum. Robben traf. Und während die Mannschaftskollegen spät in der Nacht im Natural History Museum zwischen Dinosaurierskeletten und Helene Fischer doch noch die Schwermut abschüttelten, blieb Reus ein Häufchen Elend. Die Chance – vertan. 2014 führte er den BVB erneut ins Finale von Berlin. Wieder die Bayern, wieder geht es um Millimeter. Dortmund schoss ein Tor, das zu Unrecht nicht zählte. Der Krimi hatte Überlänge, in der 107. Minute erst stand das Ende fest. Die Chance – vorbei.

In diesen Erlebnissen erschöpft sich die persönliche Tragik von Reus indes nicht. Die WM 2014 verpasste der deutsche Hoffnungsträger verletzt. Vorm TV sah er, wie die Kollegen den begehrtesten Pokal der Welt gewannen. Die Chance – verpasst.

Mit seiner Vertragsverlängerung Anfang 2015 stieg der Mittelfeldspieler zu einer Art Held empor. Das ist die Rolle, die ihm Watzke längst zugedacht hat. Was Beckenbauer in München, Overath in Köln und Uwe Seeler in Hamburg waren, soll Reus in Dortmund werden. Einer, der mit dem Herzensverein seiner Heimatstadt Erfolge feiert. Reus, ein tragischer Held?

BVB-Boss Watzke mag es nicht, wenn einer seiner wertvollsten Angestellten in diese Rolle gedrängt wird. Der Hintergrund ist klar: „Man muss aufpassen, dass man die richtige Balance zwischen Anspannung und Lockerheit nicht verliert“, warnt Watzke. Reus ist ein Spaßfußballer. Zu Beginn der Rückrunde hievte er den BVB mit Pierre-Emerick Aubameyang aus dem Sumpf des Abstiegskampfes, der eine verkleidet als Robin, der andere als Batman. Vielleicht sind sie genau die richtigen, um die dunklen Mächte des Fußballs zu überlisten.

Borussia Dortmund: Langerak – Durm, Subotic, Hummels, Schmelzer – Kehl, Gündogan – Mchitarjan, Kagawa, Reus – Aubameyang