monte carlo . Team holt den führenden Hamilton nach Rechenfehler in die Box. Vorsprung in der Gesamtwertung nur noch zehn Punkte

Nico Rosberg machte sich im feinen Smoking zusammen mit Gattin Vivian auf zum Fürstendinner, Lewis Hamilton ließ sich von Bruder Nicolas trösten, und Motorsportchef Toto Wolff trat den Gang nach Canossa an: Der am Sonntag über weite Strecken langweilige Große Preis von Monaco entwickelte sich wegen eines kapitalen taktischen Fehlers des Mercedes-Teams zu einem echten sportlichen Drama, in dem ausgerechnet Weltmeister Hamilton die tragische Figur gab.

„Ich kann nicht ausdrücken, wie ich mich gerade fühle, also werde ich es auch nicht versuchen“, sagte der sichtlich angeschlagene Hamilton, nachdem er bis zur Safety-Car-Phase kurz vor dem Ende wie der sichere Sieger ausgesehen hatte. Schuldzuweisungen sparte sich der Brite aber: „Wir gewinnen zusammen als Team, und wir verlieren zusammen als Team.“

Dabei hatte Mercedes ja gar nicht verloren, es stand nur der falsche Silberpfeil am Ende vorn. Die Strategen des Teams hatten Hamilton nach einem Crash von Max Verstappen in der anschließenden Safety-Car-Phase zum Reifenwechsel an die Box geholt. „Wir dachten, wir haben einen Vorsprung, den wir nicht hatten. Wir haben uns verrechnet“, gab Wolff zu.

Die Reaktionen in Europa waren eindeutig. „Mercedes, das war ein perfektes Harakiri, ein sportlicher Selbstmord“, schrieb der „Corriere della Sera“, „The Guardian“ nannte es eine „Situation, wie sie bizarrer nicht sein kann“, für die spanische „Marca“ war es „einer der größten Irrtümer der For­mel 1“. Der „Telegraph“ fand es unverständlich, dass „die genialsten Köpfe der Formel 1 sich und ihren gesunden Menschenverstand von ihrer eigenen Technik überrumpeln lassen“.

Die folgenschwere Entscheidung fiel erst 50 Meter vor der Boxeneinfahrt. „Wir sind alle Menschen, Fehler passieren“, sagte Wolff. Das zu langsame (Mercedes!-)Safety-Car hatte Hamilton am Ende die entscheidenden Sekunden vor dem Boxenstopp gekostet. Der letztlich zweitplatzierte Ferrari-Star Sebastian Vettel und auch Rosberg waren draußen geblieben, so fand sich Polesetter Hamilton auf einmal hinter dem deutschen Duo wieder – und verstand die Welt nicht mehr.

„Ich war sehr überrascht, als ich das Safety-Car gesehen habe, aber nicht Lewis. Ich habe mich gefragt: Wo zur Hölle ist er hin? Und auf einmal sehe ich einen harten Zweikampf hinter mir zwischen einem Ferrari und einem Mercedes und denke: Was ist da denn los?“, erzählte Rosberg später.

Stinksauer war der dreimalige Weltmeister Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams. „Ich freue mich natürlich sehr für Nico, aber um ehrlich zu sein, überwiegt gerade bei mir der Ärger über den Fehler unserer Strategie-Menschen“, sagte Lauda am Sky-Mikrofon: „Alle haben diskutiert, keiner hat eine Entscheidung getroffen, dann haben sie eine getroffen, und die war falsch.“ Man müsse jetzt „analysieren und Konsequenzen ziehen“.

Dem widersprach Wolff: „Es wird keine Konsequenzen geben, wir sind ein Team, wir haben die Plätze eins und drei belegt, Konsequenzen gibt es keine.“ Auch die Kritik von Lauda, es hätten zu viele Leute bei der Entscheidung mitgemischt, wollte Wolff nicht gelten lassen: „Es waren zu wenige.“

In dem Theater um Hamilton ging es ein wenig unter, dass Rosberg nach dem Barcelona-Triumph erstmals in seiner Karriere zwei Siege in Folge feierte, nach 2013 und 2014 zum dritten Mal in seiner Wahlheimat triumphierte und den Rückstand in der WM-Wertung auf zehn Punkte verkürzte. Noch führt Hamilton mit 126 Punkten, aber Rosberg hat jetzt bereits 116 Zähler auf dem Konto. Vettel folgt als Dritter mit 98 Punkten.

„Ich habe gemischte Gefühle. Lewis hat einen großartigen Job gemacht, er hatte den Sieg verdient. Dessen bin ich mir sehr bewusst, und ich fühle mit ihm“, sagte Rosberg: „Das ist eine schreckliche Art, ein Rennen zu verlieren. Auf der anderen Seite: Ein Sieg ist ein Sieg.“