Freiburg. Die Abstiegskampf-Spezialisten von Trainer Christian Streich holen drei wichtige Punkte gegen einen müden FC Bayern

Christian Streich stürzte nach dem Abpfiff in Richtung Kabine, doch es gab kein Durchkommen für den ausgeflippten Trainer des SC Freiburg. So ruderte der 49-Jährige wild mit den Armen, verlor doch das Gleichgewicht und sank darnieder. Unversehrt und wieder gefasst tauchte Streich später vor den Kameras auf – „nix passiert“. Auch seine Mannschaft hatte sich im nervenaufreibenden Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga immer wieder berappelt und mit dem 2:1-Coup gegen Meister FC Bayern München am Sonnabend selbst belohnt. „Als wir am Boden lagen, sind wir aufgestanden. Jetzt dürfen wir nicht anfangen zu spinnen und zu fliegen“, warnte Streich.

Als Nils Petersen das großartige Zuspiel von Karim Guédé zwei Minuten vor dem Schlusspfiff zum 2:1 verwandelte, erlebte das mit 23.900 Zuschauern ausverkaufte Schwarzwaldstadion eine emotionale Explosion. Der Torschütze – mit beachtlichen acht Treffern in nur elf Spielen – sprach von einer „absoluten Befreiung“. Und Streich griff sich fassungslos mit beiden Händen an der Kopf.

Wie eine Meisterschaft feierten die Freiburger mit ihren freudetrunkenen Fans kurz darauf den Sieg. Für die war es der gefühlte Klassenerhalt. Der Trainer aber weiß natürlich, dass dem nicht so ist. „Noch eine Woche im Tunnel“, mit diesen Worten schwor Streich noch in der Kabine sein Team auf das alles entscheidende Saisonfinale beim Mitkonkurrenten Hannover 96 ein.

„Was wir alles erlebt haben mit dieser Mannschaft ... Aber sie hört einfach nicht auf“, lobte der SC-Chefcoach seine Stehaufmännchen und meinte mit der ihm eigenen Demut: „Wir können immer noch absteigen, aber wir haben die Möglichkeit, vielleicht zu bleiben.“ Ein Punkt würde reichen, um nicht auf Schützenhilfe angewiesen zu sein.

„Freiburg wollte mehr und hat mehr Kampf gezeigt, um zu gewinnen“, räumte Bayern-Trainer Pep Guardiola nach der dritten Bundesliga-Niederlage der Bayern nacheinander ein. So etwas hatte es 1998 zuletzt gegeben. „Für uns war es nach der deutschen Meisterschaft nicht leicht. Wir haben jetzt noch ein Spiel gegen Mainz, dann geht es in den Urlaub und in die Zukunft.“

Vier Tage nach dem Champions-League-Aus gegen den FC Barcelona nutzten die Bayern ihre spielerische Klasse und Überlegenheit nicht, um Kritiken wegen Wettbewerbsverzerrung auszuräumen. „Bisher waren die Bayern ein Vorbild, was Professionalität angeht, aber diese Professionalität sieht man in den letzten Wochen nicht“, klagte Klaus Allofs, Sportchef des VfL Wolfsburg, bei Sport1. „Ich bin sehr enttäuscht darüber, wie sie die Punkte zuletzt teilweise hergeschenkt haben. Ich verstehe schon, dass einige Clubs mächtig sauer sind.“

Dazu gehört auch Hannover 96, dem im letzten Spiel gegen Freiburg ein Unentschieden zum sicheren Klassenerhalt gereicht hätte, wenn die Bayern nicht verloren hätten. „In der Regel werden in der Liga alle von den Bayern hingerichtet, plötzlich ist es anders“, sagte 96-Sportchef Dirk Dufner und fügte sarkastisch an: „Möglicherweise stellen bald vier oder fünf Vereine den Antrag, gegen die Bayern nur in den letzten Spielen zu spielen.“ Weltmeister Jérôme Boateng räumte ein, es sei nach dem Halbfinal-Aus in der Champions League nicht das einfachste Spiel gewesen. „Wir wussten, dass unser Fokus nicht mehr auf der Bundesliga liegt, aber dennoch müssen wir unsere Spiele seriös angehen und dürfen in den letzten Minuten nicht so auftreten“, meinte Boateng.

Dass der 25-fache Meister das Ende der Spielzeit herbeisehnt, war nicht zu übersehen. Fast nichts zu sehen war von Robert Lewandowski, der mit seinen 16 Treffern im Kampf um die Torjägerkanone den Rückstand auf Frankfurts verletzten Alex Meier (19) nicht verringern konnte. Dabei hatte Sportvorstand Matthias Sammer kurz vor dem Anpfiff versichert, dass die Münchner „alles“ geben werden. Viel war das am Ende nicht mehr. „Die sind einfach kaputt. Es wäre Schwachsinn, da was reinzuinterpretieren“, erklärte Freiburgs Angreifer Felix Klaus seine „Flasche-leer-Theorie“.

Die Debatte über die Zukunft von Pep Guardiola hat auch am Wochenende nach dem Champions-League-K.-o. die Verantwortlichen umgetrieben. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Matthias Sammer unterstrichen für die im Herbst vorgesehenen Gespräche mit dem Spanier über eine Verlängerung des 2016 auslaufenden Vertrages den Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit. „Wir dürfen uns glücklich schätzen, einen Trainer mit einem derart präzisen Plan zu haben“, erklärte Rummenigge: „Er erfüllt alle Kriterien, die wir an einen guten Trainer richten.“

Auch Sammer lobte Guardiolas Arbeit im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF in höchsten Tönen: „Er ist ein Segen für den deutschen Fußball, nicht nur für Bayern, sondern auch für die Nationalmannschaft. Die Spieler arbeiten sehr gerne mit diesem Trainer. Er ist etwas Besonderes.“