Hamburg. Stefanie Melbeck, Rekordtorschützin der Buxtehuder Handballerinnen, zählt zu den Schlüsselspielerinnen beim Pokal-Final-Four

Stefanie Melbeck, 38, tanzt am Freitag auf der Hochzeit ihres Bruders Kai-Michael in Warendorf bei Münster. Der Termin steht schließlich seit einem Jahr fest, damals ahnte die Handball-Legende des Buxtehuder SV noch nicht, dass sie aus Verletzungsnot heraus äußerst erfolgreich reaktiviert würde und der BSV just an diesem Freitag und Sonnabend in der Sporthalle Hamburg beim Final Four um den DHB-Pokal spielt. Für das Endspiel am Sonnabend (17 Uhr) käme sie extra angereist, aber „nur als Unterstützung“, wie sie betont. „Wenn man sich auf eine 38-Jährige verlässt, die von einer Feier kommt, wäre das schön doof.“

Sie sagt in ihrer trockenen Art: „Ich feiere die Hochzeit meines Bruders so, wie es sich für die Hochzeit eines Bruders gehört. Wenn da der Sekt steht, steht da der Sekt.“ Wer Melbeck aber kennt, weiß, dass die 223-malige Nationalspielerin im voraussichtlich allerletzten Spiel ihrer Karriere wieder alles geben wird. Trainer Dirk Leun erzählt, wie akribisch sich die Rückraumrechte vor ihrem Comeback im Dezember nach zwei Jahren Pause mit sieben- bis achtmal Training pro Woche vorbereitete: „Sie ist eine Handwerkerin, die deutsche Gründlichkeit vorlebt.“ Melbeck lacht über die Charakterisierung, nickt aber: „Ein technisches Genie war ich nie, ich hatte Glück, Linkshänderin zu sein, ich lebe von meiner Einstellung und liebe das Abwehrspiel.“ Das sieht man ihr an, wenn sie sich mit Mundschutz den Gegnerinnen in den Weg stemmt, auch dort, wo es wehtut. Über den Publikumsliebling fällt schon mal liebevoll der Begriff „Kampfschwein“.

Aber nach der Schlusssirene mit Sohn Kjell, fast 2, im Arm, dessentwegen sie im Dezember 2012 ihre Laufbahn eigentlich beendete, verwandelt sie sich. „Ich bin heute entspannter. Früher war Handball die absolute Priorität in meinem Leben“, sagt Melbeck.

Einst galt sie als unnahbar, fast als Diva. Jetzt fühlt sie vor allem Dankbarkeit, dass sie dieses wegen der Schwangerschaft verlorene halbe Jahr noch „geschenkt“ bekam. Und dass ihre Schwester Christiane, ihr Mann Stefan Melbeck (der ihren Namen angenommen hat) und die Schwiegereltern sich mit dem Kjell-Sitting abwechselten. Sie ist glücklich, dass die Rückkehr so ein Erfolg war, „es hätte ja auch ein Sturz in den Ofen werden können“. Stattdessen gewann der BSV mit ihr 15 von 16 Partien. Manager Peter Prior sagt: „Alle haben sofort wieder als Abwehrchefin auf sie gehört.“ Kurios war der Rückraum, den sie mit Emily Bölk, 17, bildete: „Ich habe ja schon mit ihrer Mutter Andrea zusammengespielt – und nun auch mit Emmy“, sagt Melbeck. „Wir sind die jüngste und die älteste Bundesligaspielerin.“ In Erinnerung bleibt die Szene im Nord-Krimi gegen Oldenburg (30:29), in der die „Grande Dame“ in der letzten Sekunde einen Siebenmeter rausholte, den der Teenie verwandelte.

Die Offensivakzente hatte Melbeck nun wirklich kaum jemand mehr zugetraut. Die „Buxte“-Rekordtorschützin, unterbrochen von zwei Dänemark-Stationen in ihrer zwölften Saison im Verein, erhöhte ihr Torekonto auf 1031. Prior: „Nun ist sie endgültig eine Legende.“ Allerdings fehlt der gebürtigen Hamburgerin noch ein Titel („Ich habe zweite und dritte Plätze gesammelt.“) 2006 gewann sie immerhin die Beachhandball-EM mit BSV-Kapitänin Isabell Klein. „Wir wollen Steffi mit dem Pokal verabschieden“, sagt Leun. Ob sie sich abermals zum Aushelfen überreden ließe? Melbeck, die am 1. April einen neuen Job bei der Reederei NSB in Buxtehude angetreten hat, winkt ab: „Ausgeschlossen. Ich bin 38!“