Sheffield. Es war ein spannendes Finale der Snooker-WM. Engländer Bingham sicherte sich gegen seinen favorisierten Landsmann Murphy die Weltmeisterschaft.

„Davon träumst Du als Kind und nun ist es wahr geworden“, schwärmte der gerade zum Snooker-Weltmeister gekrönte Engländer Stuart Bingham im Crucible Theatre von Sheffield kurz nach seinem Sieg. Der 38-Jährige setzte sich im Finale gegen seinen favorisierten Landsmann Shaun Murphy mit 18:15 Frames durch und sicherte sich erstmals den Titel - den bisher größter Erfolg seiner Karriere.

Bereits im Viertelfinale fiel Bingham auf, da er den fünfmaligen Weltmeister Ronnie O’Sullivan aus dem Turnier geworfen hatte. Dem Weltmeister steht ein Preisgeld von 300.000 Pfund (407.000 Euro) zu. Zweitplatzierter Murphy, Sieger von 2005, bekommt 125.000 Pfund (170.000 Euro). Titelverteidiger Mark Selby (England) schied im Halbfinale aus und hat nun mit Bingham seinen Nachfolger gefunden.

„Es gibt keinen Spieler auf der Welt, der diesen Titel mehr verdient hätte als Stuart“, befand Murphy, der Bingham in einem Endspiel voller Spannung und Dramatik unterlag. Einmal mehr bewies der Brite in der Endphase des Spiels Cleverness, bereits zuvor hatte er in Ronnie O'Sullivan und Judd Trump zwei englische Titelfavoriten aus dem Turnier geworfen. Die Zeit nach dem Titel werde nun „sicher hart“, erkannte der älteste Snooker-Weltmeister seit 1978 sofort.

Match dauerte fast zehn Stunden

Doch der Weltmeister wolle nicht abheben sondern weiterhin an allen Turnieren teilnehmen, so Bingham auf der offiziellen World-Snooker-Seite. Dort sagte er auch, dass er hoffe, ein Vorbild für den Nachwuchs zu sein, und zeigen zu können, dass durch „harte Arbeit, viel Training und der Glaube an einen selbst“, solch ein Sieg möglich sei.

Der Aufstieg aus der Masse zur Nummer eins im Snookersport werde „sein Leben komplett ändern“, prognostizierte auch Finalgegner Murphy. Der 32-Jährige gestand: „Er hat wie ein Champion gespielt. Als ich 8:4 geführt habe, war er nicht beunruhigt und hat einfach wie ein Gewinner weitergemacht.“

Das Finale, das nach dem Modus „best of 35“ ausgespielt wurde, war über weite Strecken ein offener Schlagabtausch. Nach dem ersten Tag lag Bingham noch mit 8:9 hinten, holte jedoch einen zwischenzeitlichen 0:3- und 4:8-Rückstand wieder auf.

In der ersten Session am Montag drehte der Weltranglistenzehnte zunächst auf, gewann vier Frames nacheinander und zog auf 14:11 davon. Murphy glich im entscheidenden Abschnitt jedoch wieder auf 15:15 aus, ehe sich Bingham nach insgesamt fast zehn Stunden Spielzeit das Match sicherte.

Ein Prototyp für moderne Sportvermarktung ist Bingham keineswegs. Statt laut, attraktiv und präsent wirkt er leise und passiv, fast ein wenig scheu. Den Weg in die Öffentlichkeit sucht er selten. Andererseits sind das genau die Attribute, die einen guten Snookerspieler ausmachen. Denn bei der populären Billard-Variante kommt es wie kaum anderswo vor allem darauf an, die Ruhe und den Überblick zu behalten, sich bloß nicht verrückt machen zu lassen. Gerade natürlich bei der WM, dem jährlichen Saisonhöhepunkt des Präzisionssports, der sich durch seine üppigen Tischmaße auszeichnet.

(sid/dpa/lem)