Leverkusen. Die Bayern schonen viele Stars für das Champions-League-Halbfinale und verlieren 0:2 bei Bayer Leverkusen

Erst bei der letzten Frage des Abends zeigte Pep Guardiola Emotionen. 90 Minuten lang hatte der Trainer des FC Bayern München ungewohnt ruhig an der Seitenlinie gestanden. Natürlich sah er auch in der Coaching Zone der BayArena mit seinen wilden Armbewegungen zeitweise so aus wie einst Herbert von Karajan am Dirigentenpult der Berliner Philharmoniker. Und selbst als es feststand, dass sein Ensemble mit einer 0:2-Niederlage bei Bayer Leverkusen vom Platz gehen würde, nahm es Guardiola gelassen hin. Als aber ein Reporter wissen wollte, ob der Startrainer Angst vor dem FC Barcelona im Halbfinal-Hinspiel der Königsklasse am Mittwoch habe und dies dann vorsichtshalber mit englischen Worten wiederholte, setzte Guardiola für einen Moment ein böses Gesicht auf.

„Ich verstehe das deutsche Wort Angst“, antwortete der Trainer, „ich kenne den FC Barcelona. Den Verein und die Spieler. Ich habe großen Respekt, aber wir werden alles probieren.“ Während die Katalanen mit kompletter Kapelle samt ihrem Starsolisten-Trio Lionel Messi, Neymar und Luis Suarez den FC Córdoba mit 8:0 vom Platz fegten, schickte Guardiola nur seine zweite Besetzung auf die Bühne. Auf der linken Seite verteidigte der 22-jährige Rico Strieder, der es in dieser Regionalliga-Saison für die Bayern-Reserve auf gerade einmal 397 Minuten gebracht hatte. Dagegen waren der 21-jährige Mitchell Weiser und der 18-jährige Gianluca Gaudino mit zehn bzw. acht Einsätzen in dieser Bundesliga-Saison fast schon alte Hasen.

Guardiola nahm Thomas Müller und Jérôme Boateng erst gar nicht mit nach Leverkusen und ließ Xabi Alonso, Benatia, Thiago und Juan Bernat zunächst auf der Bank. Die Bundesliga hatten die Bayern nach dem Gewinn des 25. Meistertitels vor einer Woche schon abgehakt. „Bei uns ist alles auf die Spiele gegen Barcelona ausgerichtet“, sagte Guardiola und freute sich trotz des 0:2 in Leverkusen. „Das Wichtigste ist, dass Javi Martínez nach neunmonatiger Pause wieder gespielt hat und dass wir keine neuen Verletzten haben.“

Mit Manuel Neuer, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Mario Götze standen immerhin vier Weltmeister in Leverkusen für die Bayern auf dem Rasen, doch mit dieser Mischung aus Rekonvaleszenten, Ersatzspielern und Talenten hatten die Bayern gegen die vor Ehrgeiz und Spielwitz strotzenden Rheinländer keine Chance. Erst überlistete Hakan Calhanoglu die Münchner Mauer und Neuer beim 1:0, dann schloss Julian Brandt an seinem 19. Geburtstag eine zirkusreife Vorarbeit von Karim Bellarabi zum 2:0 ab. „Ich wollte unbedingt der erste sein, der Manuel Neuer einen direkten Freistoß in den Kasten haut“, sagte Calhanoglu. Der ehemalige HSV-Profi ist der beste Freistoßschütze der Liga. Kein anderer hat solch ein Auge für die kleinste Lücke in der Mauer, kein anderer hat solch ein feines Füßchen, um die Absicht auch in die Tat umzusetzen.

„Als die Aufstellung der Münchner bekannt wurde, galten wir plötzlich als klare Favoriten“, erzählte Bayer-Trainer Roger Schmidt. „Der Schlüssel für unseren Erfolg war, wie wir es hinbekommen haben, mit dieser schwierigen Ausgangssituation klar zu kommen. Wir sind glücklich, weil wir es jetzt in der eigenen Hand haben, die direkte Qualifikation für die nächste Saison in der Champions League zu schaffen.“

Sein Münchner Kollege beschäftigt sich dagegen noch mit der laufenden Spielzeit der Königsklasse. „Es ist so wie immer in dieser Saison“, erklärte Guardiola. „Ich werde auf unserem Trainingsgelände sehen, welche Spieler mir zur Verfügung stehen und dann eine Mannschaft für die Halbfinal-Partie am Mittwoch in Barcelona bauen.“ Zumindest aus seiner Tonlage war keine Spur von Angst vor seinem früheren Club heraus zu hören.

Unterdessen wächst die Hoffnung auf einen Einsatz von Rover Lewandowski gegen Barcelona. Der polnische Torjäger veröffentliche am Sonntagmittag über die sozialen Netzwerke selbst ein Bild von sich mit einer schwarzen Spezialmaske. „Bereit für die nächste Herausforderung!“, ließ er relativ optimistisch verlauten und streckte dabei beide Daumen als Zeichen der Zuversicht in Höhe. Lewandowski hatte sich beim Pokal-K.o. der Bayern gegen Borussia Dortmund am Dienstag einen Bruch des Oberkiefers und Nasenbeins sowie eine Gehirnerschütterung zugezogen.

Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer hatte tags noch ein Fragezeichen hinter dem Einsatz von Lewandowski gesetzt: „Das entscheiden die Ärzte und der Spieler. Kein Spieler der Welt kann so wichtig sein, dass man dafür dessen Gesundheit aufs Spiel setzt.“ Wenig Hoffnung besteht bei Frank Ribéry (Sprunggelenkverletzung).

Mit Material vom sid