Hamburg.

Als Steffen Uliczka am Schlusstag der Olympischen Spiele in London die Zieltribüne des Marathonlaufs betrat, konnte er nicht ahnen, dass dieser 8. August 2012 sein Leben verändern würde. Er war nur als Zuschauer gekommen, der 3000-Meter-Hindernis-Wettkampf war für ihn schon nach dem Vorlauf beendet gewesen. Was Uliczka sah, beeindruckte ihn zutiefst: „Die Glückseligkeit der Teilnehmer im Ziel, auch wenn sie nichts gewonnen hatten, war überwältigend, mir kamen fast die Tränen. Das wollte ich auch erleben.“

Am Sonntag nun ist für Uliczka, 30, der Moment gekommen. Beim Haspa-Marathon gibt der sechsmalige deutsche Meister aus Kiel sein Debüt über die 42,195 Kilometer. Jedenfalls wenn es nach ihm geht. Sein Körper, genauer ein entzündeter Schleimbeutel an der Achillessehne, scheint noch etwas dagegen zu haben. Auch sein Trainer Andreas Fuchs habe ihm deshalb zum Verzicht geraten, um nicht Gefahr zu laufen, das Ziel deutlich zu verfehlen.

Denn das ist hoch gesteckt. Auch wenn er sich für die Spiele 2016 in Rio noch gar nicht qualifizieren kann: Im Bereich der Norm, voraussichtlich 2:12:30 Stunden, wollte Uliczka schon gern ankommen. Er darf sich eine solche Spitzenzeit zutrauen, nachdem er vor vier Wochen in Berlin über die halbe Strecke in 1:04:16 Stunden stark debütiert hat. Mit dem Regensburger Julian Flügel (Bestzeit 2:14:20) will er so lange wie möglich eine Laufgemeinschaft bilden.

Die Ärzte hätten ihm versichert, dass ein Start zwar schmerzhaft, aber medizinisch unbedenklich wäre. Also wird er es wohl versuchen: „Mein Herz will ja unbedingt.“ Schließlich hat Uliczka im vergangenen halben Jahr so viel für diesen Tag investiert. Acht Wochen hat er im kenianischen Hochland trainiert. Die Zwischenziele, die er sich gesetzt hatte, habe er sogar übererfüllt.

Außerdem freue er sich einfach „auf den Event“. Einmal hat Uliczka den Hamburg-Marathon schon miterlebt. Vor 13 Jahren begleitete er mit Inlineskates Dieter Baumann ein Stück auf der Alsterkrugchaussee. Wenige Meter später gab der 5000-Meter-Olympiasieger von Barcelona das Rennen auf, es würde sein einziger ernsthafter Versuch auf der Marathonstrecke bleiben. Das soll Uliczka am Sonntag nicht passieren.