New York/Hamburg. Das Schwergewicht ist die Königsklasse im Boxen. Doch Wladimir Klitschko hatte es in den USA immer schwer. Ein Special mit Videos und Hintergründen.

Es ist nicht einfach nur sein zwölfter Profikampf in den USA. Wenn Wladimir Klitschko,39, an diesem Sonnabend (ca. 5 Uhr MESZ am Sonntagmorgen/RTL live) im Box-Mekka Madison Square Garden in den Ring steigt, um seine WM-Titel der Verbände WBA, WBO und IBF gegen den US-Amerikaner Bryant Jennings, 30, zu verteidigen, ist das auch der wahrscheinlich letzte Versuch, die Herzen der US-Boxfans zu erobern. Mehr als sieben Jahre ist es her, dass Klitschko zuletzt in den USA gekämpft hat. Sehen Sie hier ein aktuelles Video vom öffentlichen Training. Das Abendblatt dokumentiert seine bisherigen elf Box-Ausflüge über den Atlantik.

6. August 1998, Grand Casino Avoyelles, Marksville, Louisiana:

Sein erster Auftritt als Profi in den USA war für Wladimir Klitschko ein Rückkampf. Gegen den US-Amerikaner Carlos Monroe hatte er 18 Monate zuvor in Cottbus durch Disqualifikation gewonnen, weil der Gegner ihn in Runde sechs mit einem absichtlichen Kopfstoß unter dem linken Auge verletzte. Das Rematch hatte Klitschko von seinem damaligen Promoter Klaus-Peter Kohl, Chef des Hamburger Universum-Stalls, erbeten. Von Beginn an dominierte Klitschko den Kampf und schickte seinen Kontrahenten schließlich in Runde sechs mit einer Rechten auf die Bretter. Bei acht stand Monroe zwar wieder, doch Ringrichter Paul Sita brach den Kampf ab. Monroe beendete danach im Alter von 33 Jahren seine Karriere.

12. November 1999, Orleans Hotel & Casino, Las Vegas, Nevada:

Auf zehn Runden war der Aufbaukampf im Spielerparadies gegen Phil Jackson, 35, aus Miami angesetzt, gut eine Minute vor Ende der zweiten Runde war er vorbei, als Klitschko den bulligen Amerikaner mit einer Links-rechts-links-Kombination zu den Schläfen zu Boden schlug. Jackson rappelte sich auf, knickte aber wieder in den Knien ein, sodass Ringrichter Joe Cortez keine andere Wahl blieb, als den Kampf abzubrechen.

Statistik: Der Kampfrekord von Wladimir Klitschko

Der Herausforderer: Kampfrekord und Daten zu Bryant Jennings

29. April 2000, Madison Square Garden, New York, New York:

Im Vorprogramm der Schwergewichts-WM zwischen Lennox Lewis und Michael Grant durfte Klitschko im legendären „Garden“ seinen ersten Titelkampf in den USA bestreiten. Gegen den US-Amerikaner David Bostice, 28, ging es um den WBA-Interkontinentaltitel. Klitschko dominierte das Duell mit dem Jab, mit dem er Bostice bereits in Runde eins zweimal zu Boden brachte. Nach zwei weiteren Niederschlägen infolge rechter Kopfhaken brach Ringrichter Joe Santarpia den ungleichen Kampf nach 1:27 Minuten der zweiten Runde ab. Klitschko hatte sich durch den Sieg für seine erste WM-Chance empfohlen.

4. August 2001, Mandalay Bay Resort, Las Vegas, Nevada:

Als WBO-Weltmeister durfte Klitschko erstmals als Hauptkämpfer einer großen Veranstaltung in den Ring steigen. Gegen den US-Amerikaner Charles Shufford, der im selben Jahr in der Filmbiografie „Ali“ (Will Smith) die Rolle des George Foreman gespielt hatte, dominierte der Ukrainer nach Belieben. Mit rechten Geraden in Runde zwei und drei schlug er Shufford, 28, zweimal zu Boden. Ein klassischer linker Aufwärtshaken zum Kinn beendete fünf Sekunden vor Ende der sechsten Runde den Kampf. Der Weg zum Superstar in den USA schien geebnet.

29. Juni 2002, Taj Mahal Hotel, Atlantic City, New Jersey:

Gegen den gealterten US-Amerikaner Ray Mercer, 41, der sich vor dem Kampf als Meister des Trashtalks erwiesen hatte, wollte Klitschko mit einer überzeugenden Leistung den Weg zum Duell mit Superstar Lennox Lewis ebnen. Und eine überzeugende Leistung gelang ihm. In Runde eins schlug er, als erst zweiter Boxer nach Evander Holyfield, Mercer mit einer Serie linker Kopfhaken zu Boden. Anschließend dominierte Klitschko, der für seinen ersten Auftritt als Hauptkämpfer des Pay-TV-Giganten HBO 1,2 Millionen Dollar kassierte, den Kampf nach Belieben. Nach 68 Sekunden der sechsten Runde musste Ringrichter Randy Neumann den hilflos am Seil hängenden Mercer mit dem Abbruch vor weiteren Schlägen schützen. Den Kampf gegen Lewis bekam allerdings ein Jahr später Wladimirs Bruder Vitali...

7. Dezember 2002, Mandalay Bay Resort, Las Vegas, Nevada:

Mit großer Spannung wurde Klitschkos Auftritt gegen Jameel McCline erwartet, galt der 32 Jahre alte US-Amerikaner doch als echter Prüfstein. Doch nach zehn einseitigen Runden war klar, dass auch er den Siegeszug des WBO-Champions nicht würde stoppen können. McCline, mit 198 cm Körperlänge genau auf Augenhöhe mit Klitschko, gab nach einem Niederschlag in der zehnten Runde in der Pause auf. Nach dem Kampf gab es erstmals Kritik für den Stil des Siegers, dem Teile der US-Fans und -Medien langweiliges Taktieren vorwarfen. Im Vorprogramm bestritt übrigens ein gewisser Floyd Mayweather den zweiten Hauptkampf.

10. April 2004, Mandalay Bay Resort, Las Vegas, Nevada:

Die Nacht, in der Klitschko in das tiefste Tal seines Boxerlebens stürzte. Nach dem Verlust seines WM-Titels an den Südafrikaner Corrie Sanders ein Jahr zuvor wollte sich der Wahl-Hamburger gegen den US-Amerikaner Lamon Brewster, 30, den vakant gewordenen WBO-Gürtel zurückholen. Es folgte eins der größten Rätsel der Boxgeschichte. Klar in Führung liegend, brach Klitschko in Runde vier aus bis heute ungeklärter Ursache konditionell komplett ein und musste nach der fünften Runde völlig entkräftet aufgeben. Seit diesem Tag galt er in den USA als Verlierer ohne Herz.

2. Oktober 2004, Caesars Palace, Las Vegas, Nevada:

Es war der erste Kampf nach der Brewster-Schmach, der erste in Eigenregie nach der Trennung vom Universum-Stall, und er wurde zu einer Demonstration der Zerrissenheit, die in Klitschkos Seele tobte. Gegen den US-Amerikaner DaVarryl Williamson, 36, würgte sich der Ukrainer zu einem Punktsieg. Nach fünf Runden hatte Ringrichter Jay Nady den Kampf abgebrochen, weil Klitschko nach einem unabsichtlichen Kopfstoß seines Gegners zu stark blutete. Zwei der drei Punktrichter hatten ihn zum Zeitpunkt des Abbruchs vorn. Eine Demonstration der Stärke war der Auftritt allerdings wahrlich nicht.

24. September 2005, Boardwalk Hall, Atlantic City, New Jersey:

Es gibt in der Karriere jedes Champions Schlüsselkämpfe, die seine Karriere in eine andere Richtung lenken. Ein solcher war das Duell mit dem Nigerianer Samuel Peter, 25. Der Mann, der als schlagstärkster Athlet in der Königsklasse galt, schlug Klitschko zwar dreimal zu Boden, schaffte es aber nicht, ihn auszuknocken. Am Ende stand trotz der Niederschläge ein einstimmiger Punktsieg über zwölf Runden, der Klitschko die Chance eröffnete, gegen Chris Byrd um die IBF-WM kämpfen zu können. Diese Chance ließ er sich im April 2006 nicht nehmen, seitdem ist er ohne Unterbrechung Weltmeister. Der Kampf gegen Peter war der wichtigste Wendepunkt seiner Laufbahn.

11. November 2006, Madison Square Garden, New York, New York:

Calvin Brock hieß der Gegner in Klitschkos erster Titelverteidigung, und der „boxende Banker“, so der Kampfname des 31 Jahre alten Finanzexperten aus den USA, hatte mit der Schnelligkeit des Champions nicht gerechnet. Brock galt als flinker Athlet, gegen Klitschko kam er jedoch nie zum Zug und musste nach 2:10 Minuten in Runde sieben von Ringrichter Wayne Kelly aus dem Kampf genommen werden. Begeistert war das Publikum nicht, zu einseitig war das Geschehen im Ring.

23. Februar 2008, Madison Square Garden, New York, New York:

Groß war die Vorfreude auf das Duell zwischen IBF-Weltmeister Klitschko und WBO-Titelträger Sultan Ibragimow, immerhin war es die erste Titelvereinigung im Schwergewicht seit 1999 (Lewis gegen Holyfield). Doch dann geriet der Abend zu einer Farce, weil der Russe nichts anderes tat, als sich vor Klitschkos Schlägen wegzuducken, um die zwölf Runden zu überstehen, und Klitschko kein Mittel – und auch nicht den Willen – fand, um den 32 Jahre alten Ibragimow unter Druck zu setzen. So stand am Ende ein nie gefährdeter, einstimmiger Punktsieg, für den Klitschko ausgebuht wurde. Seitdem hat er nicht mehr in den USA gekämpft.