Sepang. Der viermalige Weltmeister gewinnt im Ferrari Formel-1-Grand-Prix von Malaysia vor Titelverteidiger Lewis Hamilton

Sebastian Vettel kämpfte mit den Freudentränen, schüttelte immer wieder den Kopf, jubelte auf Deutsch, Italienisch und Hessisch, zeigte den Vettel-Finger und dirigierte mit Gänsehaut wie sein Idol Michael Schumacher die letzten Takte der italienischen Hymne. „Grande Seb“ hat mit dem Sieg beim Großen Preis von Malaysia in seinem zweiten Rennen für Ferrari sich selbst und die gesamte Scuderia auf Wolke sieben katapultiert.

„Ferrari is back – Ferrari ist zurück“, jubelten die Verantwortlichen um Teamchef Maurizio Arrivabene, der sich seiner Tränen nicht schämte. Vettel war sichtlich bewegt, er habe „bei der italienischen Hymne in die Augen der Mechaniker“ gesehen. Die Freude, die Liebe, die er darin gefunden hat, machten den Kindheitstraum für den viermaligen Weltmeister perfekt. Vettel sendete Grüße an die Familie, Freundin Hanna, an „meine Kleine“, sein Töchterchen, und scherzte in Richtung Mercedes in breitem Hessisch: „Wir hamm se fertisch gemacht.“

„Kompliment an Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen für ein sensationelles Rennen. Ich freue mich für alle Fans, die seit zu langer Zeit auf so einen Tag gewartet haben. Forza Ferrari“, sagte Ferrari-Chef Sergio Marchionne.

Mit einer taktischen Meisterleistung ließ der Heppenheimer in seiner „Eva“ genannten Roten Göttin die erfolgsverwöhnten Silberpfeile mit Weltmeister Lewis Hamilton auf Rang zwei und Nico Rosberg auf drei hinter sich und bescherte Ferrari den ersten Grand-Prix-Sieg seit fast zwei Jahren. Am 12. Mai 2013 hatte der Spanier Fernando Alonso in Barcelona den roten Renner als Erster über die Ziellinie kutschiert. Mit dem Erfolg in Sepang, dem 40. Sieg seiner Karriere, ist Vettel endgültig in die Fußstapfen von Rekordweltmeister Michael Schumacher getreten, der im Oktober 2006 in China seinen letzten Sieg in Rot gefeiert hatte. Er könne sich gut an Michaels Siege erinnern, „es gab da ja ein oder zwei“, scherzte Vettel. Für ihn sei sein erster Ferrari-Erfolg noch ein bisschen wichtiger als der Premieren-Sieg 2008 im Toro Rosso in Monza: „Es bedeutet ein wenig mehr für mich. Michael war mein Held, jeder auf der Kartbahn hat zu ihm aufgeschaut.“ Die Fußstapfen seines Freundes, der sich nach seinem schweren Skiunfall weiter in der Rehabilitation befindet, seien groß, aber „ich habe in Maranello unterschrieben, um den Titel zurück nach Maranello zu holen“, stellte Vettel klar.

„Ich hatte allerdings nicht erwartet, schon so früh in der Saison zu gewinnen“, gestand der 27-Jährige. „Aber Kimi (Räikkönen) und ich hatten ein gutes Gefühl vom ersten Tag an. Ein Schlüssel war, auf die Reifen zu achten. Wir hatten eine tolle Strategie und eine tolle Pace. Mercedes hat mehr mit der Hitze gekämpft als wir. Der Sieg kam etwas überraschend. Wir müssen das in den nächsten Rennen bestätigen. Die nächsten Rennen werden vermutlich komplett anders. Mercedes setzt nach wie vor die Pace. Ich hoffe natürlich, dass ich die WM gewinnen kann. Das ist unser Ziel. Aber heute muss man den Tag genießen.“

Vettel, der in der vergangenen Saison als Weltmeister mit Red Bull kein Rennen gewinnen konnte, beendete mit seinem Triumph zugleich eine längere Durststrecke der Scuderia. Ende des vergangenen Jahres war deshalb in Maranello alles erst auf den Prüfstand und dann auf den Kopf gestellt worden. Überall neue Gesichter, angefangen bei Vettel und Arrivabene. Der Teamchef blieb nach den ersten Emotionen aber cool, will „mit den Füßen auf dem Boden bleiben“: Erst wenn nach 2007 (Kimi Räikkönen) und 2008 mit der Konstrukteurskrone der WM-Titel wieder nach Italien geholt wird, ist seine Mission erfüllt. Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, wissen Vettel („Wir müssen realistisch bleiben“) als auch Arrivabene. Mercedes stand sich in Sepang mit seiner Strategie selbst im Weg, noch mal werden sich die Silberpfeile wohl nicht überrumpeln lassen.

„Wir werden zurückschlagen, das lassen wir uns nicht gefallen“, sagte Rosberg, der trotzdem fair gratulierte. Auch Weltmeister Hamilton musste zugeben: „Sie waren zu schnell für uns. Gratulation an Ferrari und an Vettel.“

Für Mercedes-Teamchef Toto Wolff könnte es der Anfang „der Ära des Zweikampfes zwischen Mercedes und Ferrari“ sein. Begeistert war der Österreicher über die Niederlage natürlich nicht, es besteht Redebedarf. Dass der Formel 1 aber nichts Besseres passieren konnte als das Ende der silbernen Dominanz, weiß auch Wolff: „Für uns ist das ein Weckruf, für den Sport ist es gut. Wir haben viele Rennen gewonnen, jetzt haben wir mal wieder verloren.“ Derweil stellte Aufsichtsratsboss Niki Lauda klar, „dass wir gar nicht auf eine Zwei-Stopp-Strategie hätten wechseln können“. Ferrari manövrierte Vettel mit dieser Taktik an die Spitze, auch weil „Eva“ mit den weicheren Reifen viel besser zurechtkam als die Silberpfeile.

Vettel lobte derweil die „großartige Strategie“ seines Teams, dankte dem Team sowie den Ferrari-Fans und sorgte bei den Verantwortlichen des Automobilverbandes Fia für einen mittleren Herzinfarkt, als er auf dem Podium laut verkündete: „Vielleicht betrinke ich mich heute Abend.“ Freudetrunken war er da schon allemal.