Deutsche Hockeyherren verteilen auch bei Hallen-WM in Leipzig Führungsaufgaben auf viele Schultern. Zwei Siege zum Auftakt

Leipzig. Die Entscheidung fiel beim Fußballgucken am Dienstagabend. Moritz Fürste und Tobias Hauke schauten mit ihren Kollegen aus der deutschen Hockey-Nationalmannschaft die Bundesligakonferenz auf Sky, als sie sich darüber verständigten, wer am nächsten Tag zum Auftakt der Hallen-WM in Leipzig die neongelbe Binde am Arm haben würde, die ihren Träger als Kapitän seines Teams ausweist. Aus Aberglaube entschieden sich die Welthockeyspieler von 2012 (Fürste) und 2013 für Hauke, weil dieser auch bei der Champions Trophy in Indien im Dezember zum Auftakt das wichtige Amt ausgeführt hatte. Und so stand hinter dem Namen des 27-Jährigen vom Harvestehuder THC auf den Spielberichtsbogen für die Partien gegen Schweden (9:4) und den Iran (11:3) das „C“.

Man mag sich darüber wundern, dass die Festlegung auf den Anführer des Titelverteidigers nur eine Nacht vor dem Start in ein Weltturnier erfolgt – aber nur so lange, bis man weiß, dass es in der Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes seit der Champions Trophy nicht mehr nur einen Kapitän gibt, sondern einen erlauchten Kreis aus vier Spielern, genannt „Captain’s Corner“, aus dem sich der jeweilige Spielführer rekrutiert. Neben Hauke und Fürste, 30, vom Uhlenhorster HC gehören der Berliner Martin Häner, 26, und der Kölner Christopher Zeller, 30, zu diesem Quartett. Da Letztere in Leipzig nicht am Start sind, teilen sich die beiden Hamburger in dieser Woche den Job. An diesem Donnerstag in den Gruppenspielen gegen Tschechien (12.45 Uhr) und Österreich (20.15 Uhr/jeweils live bei mdr.de) ist Fürste an der Reihe.

Warum sie diese neue Form der Arbeitsteilung gewählt haben, die man sich von Weltmeister Australien abgeschaut hat, können Fürste und Hauke einleuchtend erklären. „Warum sollte man einem die Hauptverantwortung aufbürden, wenn man im Sinne der Mannschaft die Kompetenzen in einem Führungsteam bestmöglich bündeln kann?“, fragt Fürste. Die Leipziger Doppelspitze sei dennoch keine Reaktion auf die im Mannschaftssport modern gewordene flache Hierarchie, in der es keinen Leitwolf mehr gibt. „Ich glaube, dass es bei uns eine breitere Spitze gibt, in der die Rollen besser definiert sind. Jeder von uns vieren weiß, welche Verantwortung er hat“, sagt Fürste.

Wichtig sei in dieser Konstellation, dass niemand in seiner Eitelkeit gekränkt ist, wenn er die Binde nicht tragen dürfe. „Jeder von uns würde seine Aufgaben auch dann wahrnehmen, wenn er kein offizielles Amt hätte“, sagt Fürste. Ob eine solche Arbeitsteilung funktioniere, hänge entscheidend von der Teamstruktur ab. „Das ist sicherlich nicht in jeder Mannschaft umzusetzen, manchmal gibt es einen klaren Anführer, den das Team auch braucht. Aber im Nationalteam klappt das gut“, sagt Hauke. In ihren Bundesligaclubs sind beide ebenfalls Teil eines Führungsduos.

Wie gut sich ihre Rollen ergänzen, war schon am Auftakttag zu sehen. Fürste ist in seinem Erscheinungsbild präsenter und der lautere der beiden, während der agilere Hauke eher als physischer Antreiber agiert. Gegen Schweden wurde das nach einer schleppenden ersten Hälfte, in der sich das Team von Bundestrainer Stefan Kermas an das aus der Bundesliga nicht gewohnte Spielsystem mit nur vier statt fünf Feldspielern gewöhnen musste, deutlich, als beide ihr Team zum letztlich ungefährdeten Auftaktsieg führten. Gegen den Iran legte Fürste mit vier Toren den Grundstein zum souveränen Erfolg. So kann es weitergehen.

Tore für Deutschland: Gegen Schweden: Otte (Großflottbek) 3, Fürste (UHC) 2, Stralkowski (Mülheim) 2, Lietz (HTHC), Pehlke (Mannheimer HC). Gegen Iran: Fürste 4, Stralkowski 2, Korn (UHC) 2, Pehlke 2, Ress (Alster).