Am ersten Tag der Australian Open scheitern Kerber und Lisicki. Witthöft überrascht

Melbourne. Als am anderen Ende der Welt schon alles zu spät war, flüchtete sich Angelique Kerber in beißenden Sarkasmus. Mit einem höhnischen Lächeln quittierte die deutsche Nummer eins in der Endphase des Erstrundenmatches bei den Australian Open gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu einen eigenen Fehler. Nur wenig später war der früheste K.o. der Weltranglistenneunten Kerber bei einem Grand-Slam-Turnier seit dreieinhalb Jahren besiegelt, die 4:6, 6:0, 1:6-Niederlage schmerzte sehr.

„Das war einer der schlechtesten Tage meiner Karriere. Aber so etwas gibt es“, meinte die Linkshänderin, die einen Tag zuvor ihren 27. Geburtstag gefeiert hatte, und fügte an: „Ich weiß nicht, was los war. Ich habe mich schlecht bewegt und keinen Ball gespürt.“ Fedcup-Teamchefin Barbara Rittner fand nach der ernüchternden Vorstellung ihrer Hoffnungsträgerin deutliche Worte. „Angie war total verkrampft und viel zu passiv. Sie hat sich zu sehr unter Druck gesetzt, war teilweise wie gelähmt.“

Kurz zuvor hatte die Bundestrainerin schon den ersten Tiefschlag in Down Under verkraften müssen. Die einstige Wimbledonfinalistin Sabine Lisicki (Berlin) scheiterte nach schwacher Leistung mit 6:4, 4:6, 2:6 an der Weltranglisten-71. Kristina Mladenovic (Frankreich) und war nach ihrer Pleite restlos bedient. „Das ist natürlich sehr enttäuschend. Ich konnte nicht umsetzen, was wir in der Vorbereitung trainiert haben“, sagte die Weltranglisten-28., die in Australien mit ihrem neuen Coach Christopher Kas antrat, 2015 aber noch auf ihren ersten Einzelsieg wartet.

Für die Lichtblicke an einem schwarzen Montag mit nur drei Siegen in elf Matches mit deutscher Beteiligung sorgten ausgerechnet Spielerinnen aus der zweiten Reihe: Die 19 Jahre alte Hamburgerin Carina Witthöft entzauberte die an Position 17 gesetzte Carla Suarez Navarro (Spanien) mit 6:3, 6:1, nachdem Julia Görges (Bad Oldesloe) ihre aufsteigende Form beim 6:2, 6:1 gegen Belinda Bencic (Schweiz) dokumentiert hatte. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Auftakt, konnte mein Spiel und meinen Aufschlag gut durchbringen. Es ist ein gutes Gefühl, erstmals in der zweiten Runde eines Grand-Slam-Turniers zu stehen“, sagte Witthöft, die in Runde zwei auf die US-Amerikanerin Christina McHale trifft.

Auch die deutsche Nummer eins der Herren, Philipp Kohlschreiber (Augsburg), präsentierte sich beim 6:2, 6:2, 6:1 gegen Paul-Henri Mathieu (Frankreich) in guter Form. Dagegen war für den einzigen Hamburger Starter Tobias Kamke Lokalmatador Bernard Tomic bereits Endstation, der 28-Jährige unterlag dem Australier mit 5:7, 7:6 (7:1), 3:6, 2:6. An diesem Dienstag bestreiten die restlichen sechs DTB-Starter ihre Erstrundenbegegnungen, darunter Andrea Petkovic.

Kerber indes stand bei der ersten großen Bewährungsprobe der Saison völlig neben sich. Symptomatisch für ihre Hilflosigkeit in der Margaret-Court-Arena war, dass ihr gegen die Nummer 42 der Welt nur acht direkte Gewinnschläge gelangen. Zuletzt war die Kielerin im Sommer 2011 in Wimbledon in der ersten Runde eines Grand-Slam-Turniers gescheitert – damals war sie aber noch die Nummer 77 des WTA-Rankings.

Die Schlappe kommt überraschend, denn bei den ersten beiden Turnieren der Saison hatte Kerber das Viertelfinale von Brisbane und das Halbfinale von Sydney erreicht. In den Tagen von Melbourne trainierte die US-Open-Halbfinalistin von 2011 stark, wie Rittner sagte: „Aber sie will es im Match zu sehr. Angie hat nie zu ihrer Lockerheit gefunden.“ In der vergangenen Saison hatte Kerber ihre Top-Ten-Position zwar verteidigen können, hatte aber fünf Finals verloren – inklusive des Fedcup-Endspiels in Prag gegen Tschechien im November (1:3).

Für eine Premiere der besonderen Art sorgte Rafael Nadal. Erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier spielte der Weltranglistendritte aus Spanien mit einem Computerchip in seinem Schläger mit dem Namen „Play Aeropro Drive“. „Das ist eine neue Technologie, die wahrscheinlich die Zukunft unseres Sports sein wird. Es ist eine Verbesserung für jeden, der Tennis liebt“, sagte der Spanier nach dem 6:3, 6:2, 6:2 gegen Michail Juschni (Russland).

Nadals Racket war die futuristische Neuerung aus der Perspektive der Zuschauer in der Rod-Laver-Arena nicht anzusehen. Aber mit den aufgezeichneten Daten konnte der neunmalige Paris-Sieger, der den Schläger schon beim Turnier in Doha getestet hatte, sicher zufrieden sein. Der mit einer Bluetooth-Funktion ausgestattete kleine Chip im Griffende ermittelt unter anderem die Schlaghärte und den Aufprallpunkt des Balls. Man kann ihn aus- und einschalten. Über Tablets oder Smartphones lassen sich die Zahlen dann sofort abrufen. „Durch diese Technik erfahre ich exakt, wie und wo ich den Ball treffe. und kann so mein Spiel verbessern.“

Auch die ehemalige Nummer eins Caroline Wozniacki (Dänemark) wird in Melbourne mit dem Computer-Racket der französischen Firma Babolat spielen, das auch Hobbyspielern zur Verfügung steht. Dies ist allerdings nur aufgrund einer Regeländerung der International Tennis Federation (ITF) möglich, die Profis Hilfsmittel wie den Chip erlaubt. Bedingung ist, dass sie erst nach dem Match auf die Daten beziehungsweise die Auswertung zurückgreifen dürfen.