Footballer Kasim Edebali von den New Orleans Saints hat seine Wurzeln in Hamburg und bei den Huskies nie vergessen

Hamburg. Eva, 25, und ihr gleichaltriger Freund Kevin hatten sich besonders in Schale geschmissen. Sie hatten sich das schwarz-goldene Trikot der New Orleans Saints extra anfertigen lassen, Nummer 91 steht fett auf Brust und Rücken, und hinten darüber der Name „Edebali“. „Wir sind langjährige Fans, es ist total cool, dass er heute hier ist“, strahlte die blonde Eva. Und stellte sich gleich noch einmal zum Selfie mit ihrem Helden auf. Kasim Edebali machte alles mit. Strahlend, fröhlich, gerne – und noch ein Autogramm.

Der Sonnabend war ein außergewöhnlicher Tag für die Football-Familie von Bundesliga Aufsteiger Hamburg Huskies. Ihr „verlorener Sohn“ war zurückgekehrt, um Herren- und U19-Spielern Trainingstipps zu geben, sie zu coachen und vielleicht auch als Vorbild zu dienen. Dass man es eben doch schaffen kann, und seien die Chancen auch noch so klein. Der 25-Jährige ist seit vergangenem Sommer Profi bei den Saints in der nordamerikanischen NFL. Mehr geht in diesem Sport nicht, sein Traum ist wahr geworden.

„1999 hast du auf dem Anmeldezettel bei den Huskies unter Berufswunsch geschrieben: Linebacker in der NFL“, erinnerte Huskies-Präsident Martin Sieg, „du hast es geschafft.“ Und dann nahm er ihn noch in die „Hall of Fame“ des Clubs auf. Edebali freute sich offensichtlich. Der „Sohn“ ist eben nicht „verloren“, er kennt seine Wurzeln noch, die familiären in Osdorf und die sportlichen bei den Huskies. „Es fühlt sich gut an, wieder hier zu sein“, sagt er, „hier ist die Familie, hier habe ich meine Freunde. Auch wenn ich schon seit sieben Jahren in den USA lebe.“

Inzwischen spielen vier Deutsche in der NFL – das gab es noch nie

Dort wundert man sich immer, wenn er von seinem Zuhause spricht. „Von Hamburg haben viele noch nie etwas gehört, die fragen immer nur nach Berlin“, erzählt Edebali mit seinem fröhlichen Grinsen, „ich erkläre dann immer allen, dass Hamburg die schönste Stadt in Deutschland ist.“ Über die Feiertage und den Jahreswechsel kommt er deshalb immer wieder nach Hause zurück. Dann wohnt dieser bestens bezahlte Profisportler wieder bei seiner Mutter und bekommt das Frühstück gemacht. Auch der Kontakt zu seinem Heimatverein ist nie abgerissen. Sein Jugendtrainer Sebastian Schulz ist auch noch da. „Er ist mir schon als kleiner Junge aufgefallen, da hatte er noch lange Haare und war nur so 1,50 Meter groß. Und auch jetzt telefonieren wir noch regelmäßig. Aber über private Dinge, nicht über Football.“

Einen Dreijahresvertrag hat Edebali bei den Saints unterschrieben. Vorher hatte er vier Jahre für Boston in der College-Liga gespielt und zwei Jahre in einer High School. Bei der Spielerauswahl der NFL im April war er noch durchs Raster gefallen, überzeugte dann aber als „Free Agent“ im Probetraining. „Die eine kleine Chance war alles, was ich brauchte“, sagt der 1,89 Meter große und 115 Kilogramm schwere Edebali. Im September bestritt er sein erstes reguläres NFL-Spiel als Defensivspezialist, der die gegnerischen Angreifer stoppen muss. Durchschnittlich verdient er 510.000 Dollar im Jahr – nicht schlecht für den Sohn einer Deutschtürkin aus Osdorf.

Auf dem Hockeyplatz des Marienthaler THC an der Galopprennbahn schauen sich etwa 250 Fans, Spieler, Angehörige und Interessierte an, wie Edebali den Spielern gemeinsam mit den Coaches um Cheftrainer André Schleemann Tipps gibt. Er leitet Drills, wirft das Lederei ein, korrigiert hier eine Fußstellung und dort eine Handhaltung. Er ist in seinem Element. „Es war eine Ehre, mit ihm zu trainieren“, sagt Okan Güzel, 22, der ebenfalls in der Abwehr spielt, „er hat mich auch einmal speziell rausgezogen und mir gute Tipps gegeben.“

Ende des Monats geht es für Edebali zurück in die USA, nach Boston, wo er seit den Collegetagen ein Domizil hat. Dort wird er sich mit Björn Werner von den Indianapolis Colts auf die neue Saison vorbereiten, „wir sind wirklich eng befreundet“. Auch zu Markus Kuhn (New York Giants) und Sebastian Vollmer (New England Patriots) hält er regelmäßig Kontakt. „Vier Deutsche in der NFL, das gab’s noch nie“, freut sich Kasim Edebali, „ich hoffe, das hilft auch dem Football in Deutschland.“