Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Es haftet dem Vorgang natürlich etwas Groteskes an, wenn die deutschen Handballer zum Auftakt der Weltmeisterschaft in Katar am Freitag auf genau jene Polen treffen, an denen sie im Juni des vergangenen Jahres bei der Qualifikation für diese WM gescheitert waren. Aber es ist, wie es ist, und das Team des neuen Bundestrainers Dagur Sigurdsson muss jetzt zumindest den moralischen Nachweis antreten, dass die umstrittene Wildcard des Weltverbandes für diese Titelkämpfe nicht völlig sinnlos aus welchem Hut auch immer gezaubert wurde. Dafür wäre das Erreichen des Viertelfinales vonnöten, was momentan schon einem nicht zu erwartenden sportlichen Erfolg gleichkäme.

Deutschlands Handballer hatten zuletzt schon die Olympischen Spiele 2012 in London und die EM 2014 in Dänemark verpasst – und eigentlich auch diese WM. Aber sie hatten 2013 unter Sigurdssons Vorgänger Martin Heuberger bei der WM in Spanien mit Platz fünf auch bewiesen, dass sie nicht so schlecht wie ihre überwiegenden Resultate sind. Heubergers Verdienst bleibt es, den Umbruch eingeleitet zu haben. Sigurdssons Aufgabe wird es, bis zur WM 2019 in Deutschland und Dänemark, eine Mannschaft aufzubauen, die wieder um Medaillen werfen kann. Bei seinem Verein Füchse Berlin hat der Isländer bewiesen, dass er Talente ausbilden kann. Und an Begabungen hat es dem deutschen Handball noch nie gefehlt, nur an Vertrauen in die Fähigkeiten des Nachwuchses. Sigurdssons Vorteil: Er ist der letzte Wurf des Verbandes – und dürfte deshalb sein Konzept vorbehaltlos durchziehen können.