Österreichs Hockey-Ass Benjamin Stanzl hat sich beim Harvestehuder THC zum Anführer entwickelt

Hamburg. Nicht selten kommt es vor, dass einem der Mund offen steht, wenn man Benjamin Stanzl beim Hockeyspielen zusieht. Die technische Eleganz, die der 25-Jährige mit enormer Grund- und Antrittsschnelligkeit paart, verleiht dem Mittelfeldspieler des Harvestehuder THC eine Wendigkeit, die ihn für die Variante unter dem Hallendach wie geschaffen erscheinen lässt. Stanzl, da sind sich viele Experten einig, darf als bester Hallenhockeyspieler der Welt bezeichnet werden.

Er selbst würde das natürlich niemals von sich behaupten, was erstens an seiner Bescheidenheit liegt und zweitens daran, dass ihm Einzelinteressen in einem Teamsport unwichtig sind. Der Schlachtruf „Wir sind ein Team“, den die Schwarz-Gelben vor jedem Spiel brüllen, ist für ihn ein Leitmotiv geworden. „Wir sind im vergangenen Jahr nur deshalb deutscher Feldmeister und Europapokalsieger in Feld und Halle geworden, weil wir als Mannschaft aufgetreten sind“, sagt er.

Der Sport- und Businessmanagement-Student ist proportional zur Entwicklung seines Vereins gewachsen, längst ist aus dem Hallenspezialisten, als der er 2007 aus Wien nach Hamburg kam, ein Allroundspieler geworden, der auch im Feld als Antreiber im Mittelfeld brilliert. Mit Welthockeyspieler Tobias Hauke, der seit dieser Saison den Abwehrchef gibt, bildet er eine der besten Achsen der Bundesliga. „Von Tobis Erfahrung und seiner Klasse habe ich unheimlich profitiert“, sagt er.

Wer Stanzl schon zu Beginn seiner Bundesligazeit beobachtete, der erkennt ihn heute kaum wieder. Aus dem verstockten, schüchternen Jungen ist ein Führungsspieler geworden, der mit Wort und Tat vorangeht und nicht von ungefähr im Sommer zu Haukes gleichrangigem Vizekapitän gewählt wurde. „Wenn man als Österreicher nach Deutschland kommt, dann fehlt einem das Selbstvertrauen, weil man immer denkt, dass die Deutschen glauben, wir könnten sowieso kein Hockey spielen“, sagt er. Mit zunehmendem Erfolg habe er jedoch eine Selbstsicherheit gewonnen, die ihn reifen ließ. Spätestens als er 2011 nach sieben Monaten Heimatbesuch, um das Abitur nachzuholen, nach Hamburg zurückkehrte, sei er ein anderer Spieler geworden.

Wären Sie gerne Deutscher, Herr Stanzl?


Zu jener Zeit funktionierte HTHC-Chefcoach Christoph Bechmann den gelernten Stürmer zum Mittelfeldspieler um, und auch wenn sich Stanzl bisweilen wünscht, öfter in vorderster Front agieren zu können, hat er sich mit der neuen Position angefreundet. Auch weil er weiß, dass er dem Team dort am meisten helfen kann.

Die Frage, ob er gern Deutscher wäre, um regelmäßig auch mit dem Nationalteam um Titel spielen zu können, beantwortet Stanzl mit einem überraschenden Geständnis. Es habe durchaus mal die Anfrage gegeben, ob er nicht die Nationalität wechseln wolle. „Aber ich habe es nicht getan, weil ich gern Österreicher bin und auch nicht sicher sein konnte, dass ich es tatsächlich ins deutsche Team geschafft hätte“, sagt er. Dass er angesichts fehlender internationaler Meriten kaum je als Welthockeyspieler infrage kommen wird, obwohl er die Qualitäten dazu hätte, stört ihn nicht. „Wie gesagt, Einzelauszeichnungen finde ich unwichtig. Was mich traurig macht, ist, dass ich wahrscheinlich nie an Olympischen Spielen teilnehmen werde. Das ist mein größter Traum!“

Nun müssen eben andere Titel her, der erste am liebsten Ende Januar bei der Endrunde um die deutsche Hallenmeisterschaft. Siege in den Partien gegen Aufsteiger Klipper THC (Sa, 16 Uhr) und vor allem gegen den Erzrivalen Uhlenhorster HC (So, 12.30 Uhr, jeweils Barmbeker Straße) würden zwei wichtige Schritte zur Viertelfinalqualifikation in der Nordgruppe der Bundesliga bedeuten. „Mit uns ist wieder zu rechnen. Wir haben ein starkes Team mit unglaublicher Tiefe im Kader“, sagt Benjamin Stanzl. Und: Sie haben ihn. Aber das sagt er natürlich nicht.