Tennisass tritt am Sonntag nicht zur DTB-Präsidentenwahl an, stünde aber in einigen Monaten bereit

Hamburg. Um 13.04 Uhr am Donnerstag erreichte eine Presseinformation ausgewählte Sportredaktionen, die vorläufig einen Schlussstrich zog unter die Diskussionen, die den Deutschen Tennis-Bund (DTB) in den vergangenen Monaten in Aufruhr versetzt hatten. Michael Stich, Wimbledonsieger von 1991 und derzeit Turnierdirektor am Hamburger Rothenbaum, wird an diesem Sonntag im Hotel Steigenberger am Kanzleramt in Berlin nicht zur Wahl des neuen DTB-Präsidenten antreten. „Mir war es leider nicht möglich, innerhalb von zwei Wochen ein komplettes Präsidium zusammenzustellen“, schrieb der 46-Jährige in seiner Erklärung, „ein Schnellschuss wäre nicht professionell, da das DTB-Präsidium kein Versuchslabor ist, sondern eine sehr verantwortungsvolle Institution.“

Stich hatte nach einem Gespräch mit dem Bundesausschuss (BA) des DTB am 2. November erstmals positives Feedback auf seine Bereitschaft erhalten, für den Verband in einem Vorstandsamt zu arbeiten. Nachdem in den vergangenen Tagen mehrere Konstellationen weggebrochen waren, hatte der Hamburger versucht, ein Schattenkabinett zusammenzustellen. Mit der früheren Weltranglistenvierten Anke Huber für den Bereich Leistungssport, der in der Führungsakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hoch angesehenen Veronika Rücker für Sportentwicklung, dem aktuellen Präsidiumsmitglied Eva-Maria Schneider für Jugendsport, dem Bundesligasprecher Gerald Marzenell für Wettkampfsport und dem Hamburger Juristen Lars Kirschner für Recht und Marketing konnte Stich eine Handvoll Fachleute präsentieren. Es fehlt aber ein Experte für Finanzen – und eine breite Unterstützung im BA, dem die Vorstände der 18 Landesverbände (LV) angehören, die den Präsidenten wählen.

Stich machte jedoch deutlich, dass er seine Ambitionen, DTB-Präsident zu werden, mitnichten abgehakt hat. „Mein Wunsch, im deutschen Tennis etwas zu verändern, ist ungebrochen“, sagte er. Die kommenden vier bis sechs Monate wollen er und sein Team nutzen, um gemeinsam Inhalte und Konzepte auszuarbeiten, mit denen die DTB-Mitglieder überzeugt werden können. Dass Stich diese Periode nannte, ist kein Zufall, denn für eine solche Zeitspanne könnte ein Interimspräsidium amtieren, bis es zu Neuwahlen käme, und genau darauf spekuliert Stich.

Mit gutem Grund: Als einziger Kandidat für die Nachfolge Karl-Georg Altenburgs, der seit einem halben Jahr in London lebt und die Verbandsarbeit seitdem so gut wie brachliegen lässt, soll am Sonntag der rheinland-pfälzische Landesfürst Ulrich Klaus ins Rennen gehen. Der 72-Jährige plant allerdings, vier derzeit amtierende LV-Chefs in sein Präsidium einzubinden, was die Satzung nicht hergibt. Sollte die von Klaus gewünschte Satzungsänderung am Sonnabend auf der BA-Sitzung in Berlin keine Zweidrittelmehrheit finden – und danach sieht es derzeit aus –, will dieser auf die Wahl verzichten.

Was dann passiert, ist unklar. Aus juristischer Sicht wäre Altenburg verpflichtet, die Amtsgeschäfte mit seinem Team bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterzuführen. Das will niemand. Im BA soll für den Fall eines Klaus-Rückziehers Bayerns Landeschef Helmut Schmidbauer überzeugt werden, als Interimspräsident zu fungieren. Nach vier bis sechs Monaten könnte dann Stich, dessen Mitwirken nach Wunsch mehrerer BA-Mitglieder am Sonntag per Resolution begrüßt werden soll, übernehmen. Das Chaos im DTB, es hält an – mindestens bis zum Sonntag.