Der Wilhelmsburger Dima Weimer ist fünffacher Weltmeister und steht vor einem der härtesten Kämpfe seiner Karriere am Sonnabend im Audimax.

Hamburg. Den Honig, der mit dem Grüntee gebracht wird, schiebt Dima Weimer beiseite. Auch der Karamellkeks wird unberührt in die Küche zurückgehen. Zucker ist verboten in diesen Tagen, in denen sich der fünffache Kickboxweltmeister auf die Aufgabe vorbereitet, die am Sonnabend (18 Uhr) auf der traditionellen „Get in the Ring“-Kampfsportgala im Audimax der Uni Hamburg auf ihn wartet.

Max Baumert, 21 Jahre alter Shootingstar der deutschen K1-Szene aus Berlin, will den acht Jahre älteren Hamburger Platzhirschen vom Sockel stoßen. „Der Junge hat trotz seines Alters schon 100 Kämpfe, 30 mehr als ich. Der ist ein richtig harter Brocken“, sagt Weimer. Fünf Kilogramm fehlen ihm noch bis zum Gewichtslimit von 70 kg. Da ist jeder Tropfen Honig zu viel.

Er wird es schaffen, das Limit, wie er es immer schafft, weil ihn seine grenzenlose Energie, die sich mit eiserner Disziplin paart, noch an jedes seiner Ziele gebracht hat. Der Deutschrusse, der als Neunjähriger mit den Eltern und Schwester Ina aus Usbekistan in ein Containerdorf für Spätaussiedler nach Neugraben kam, hat in den zwölf Jahren, die er jetzt schon in die Kickboxringe der Welt steigt, mehr erreicht, als er jemals erwartet hätte.

Wenn er Gewicht machen muss, wie Kampfsportler das Abnehmen nennen, fragt er sich bisweilen, warum er sich die Quälerei immer noch antut. Aber es sind die einzigen Momente des Zweifelns, denn grundsätzlich möchte der 178 cm große Athlet den Sport niemals missen. „Er gibt meinem Leben Struktur und hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin“, sagt er. Nach der aktiven Karriere will er Trainer werden.

Dabei würde man denken, dass ein Mensch mit dem beruflichen Pensum, das Weimer abspult, zum Feierabend nur noch die Beine hochlegen möchte. Nachdem er seine zweijährige Ausbildung an der Polizeiakademie abgeschlossen hat und im Dezember zum Kommissar befördert werden wird, arbeitet der langjährige Bereitschaftspolizist nun auf der Wache 44 in Wilhelmsburg im Streifendienst.

Während der Kampfvorbereitung nimmt man dort Rücksicht auf sein Trainingspensum und lässt ihn in der Frühschicht von 5.45 bis 13 Uhr Dienst tun. Anschließend absolviert Weimer eine einstündige Schicht im Kraftraum. Nach einer kurzen Nachmittagspause in seiner Wohnung in Meckelfeld bei Harburg fährt er dann täglich zum Sparring ins Trittauer Xite-Gym, wo er unter Lutz Burmester trainiert.

Wenn kein Kampf ansteht, ändert sich zwar der Trainingsumfang nur unwesentlich, dafür steht Weimer aber für den Alarmdienst bereit, den jede Wache stellen muss. Dann sind neben normalen Schichten wieder Einsätze auf Demos, bei Fußballspielen oder anderen Risikoveranstaltungen an der Tagesordnung. Die Zeit, die bleibt, nutzt der Champion für ehrenamtliches Engagement im Schulprojekt „Boxschool“ – und für seine Frau, die er im September heiratete, und die ihn bedingungslos in all seinen Vorhaben unterstützt.

„Anders ginge es auch nicht“, sagt er. Da er sein Hobby auf selbstständiger Basis betreibt, ein Kleingewerbe dafür angemeldet hat und alle Kampfbörsen ordnungsgemäß versteuert, gab es schon mehrfach Jahre, in denen er auch noch draufzahlte, wenn er austeilte. „Aber als Polizist kann ich es mir nicht leisten, meine Steuern nicht ordentlich zu bezahlen“, sagt er.

Vor dem Tag, an dem sein Körper zu ausgebrannt für die Belastungen des Leistungssports sein wird, graut ihm trotzdem. „Beim Sport habe ich gelernt, an meine Grenzen zu gehen und manchmal auch darüber hinaus. Das kommt mir im Beruf und im Privatleben zugute, denn ich bin dadurch viel ausgeglichener und stressresistenter“, sagt er. Dieses Wissen lasse ihn all die Mühen der Vorbereitung vergessen. Für Honig und Kekse ist ja auch später noch Zeit genug.