Bundesliga-Volleyballerinnen schlagen zum Heimauftakt der neuen Saison VCO Berlin

Hamburg. Seine Stimme überschlug sich, aber wer wollte Georg Bücking das verdenken? Schließlich hatte der Arenasprecher des Volleyballteams Aurubis Hamburg diese Worte sehr lange nicht sagen dürfen, genauer: seit dem 6. April 2013 nicht mehr. „Satz- und Matchball VT Aurubis“, schrie Bücking also in sein Mikrofon, und als wenige Sekunden später, um 19.55 Uhr am Sonnabendabend, Diagonalangreiferin Kylin Munoz den ersten Matchball tatsächlich verwertete und den 3:1 (25:15, 20:25, 25:19, 25:15)-Erfolg über VCO Berlin Realität werden ließ, brach sich die Erleichterung über den ersten Bundesligasieg seit mehr als eineinhalb Jahren in vielfältiger Weise bahn.

Der neue Cheftrainer Dirk Sauermann riss zwar die Arme hoch, genoss den Moment des Triumphes seinem Naturell gemäß aber eher still, während die Spielerinnen durch die CU-Arena tanzten und sich wild umarmten. Den größten Eindruck aber hinterließen die 1721 Zuschauer, die für eine Kulisse gesorgt hatten, die selbst Vereinspräsident Horst Lüders erstaunte. „Ich hatte mit 1500 Fans gerechnet, aber dass so viele kommen und uns so großartig unterstützen, das hätte ich nicht gedacht“, sagte er. Schon während der 99 Spielminuten hatten die erfolgsentwöhnten Anhänger ihr Team leidenschaftlich angetrieben. Nach dem Matchball schwollen die Rufe zu einem Jubelorkan an, mit dem im übertragenen Sinn auch die letzten Erinnerungen an die völlig verkorkste Saison 2013/14 fortgepustet werden sollten. „Die Atmosphäre war der Hammer“, sagte Nina Braack, „ich bin so froh, dass wir gezeigt haben, dass Aurubis auch noch gewinnen kann!“.

Die 21 Jahre alte Diagonalangreiferin ist die einzige Spielerin im Zwölferkader, die aus der vorangegangenen Spielzeit übrig geblieben ist. Auch deshalb hatten Trainer Sauermann und die anderen Vereinsverantwortlichen stets betont, dass die neue Mannschaft mit der Sieglosserie, die seit dem 3:0-Erfolg gegen die Roten Raben Vilsbiburg im zweiten Spiel der Play-off-Viertelfinalserie der Saison 2012/13 Bestand hatte, nichts zu tun habe. Trotzdem wussten nach der Partie auch die Neuzugänge die Bedeutung des Sieges sehr wohl einzuschätzen.

„Natürlich haben wir alle gewusst, dass der Verein eine ganze Saison lang nicht gewonnen hatte“, sagte Spielführerin Alexis Olgard, die im Mittelblock mit sieben Punkten nicht ganz so auffällig agierte wie bei der 1:3-Auftaktniederlage in Suhl am vergangenen Mittwoch. „Deshalb ist es umso schöner, dass wir positiv reagiert haben und den Fans endlich einen Sieg schenken konnten“, sagte die US-Amerikanerin.

Natürlich muss bei aller Erleichterung festgehalten werden, dass Siege gegen die Jugend-Nationalmannschaft, die als VCO Berlin mit Sonderstatus in der Bundesliga Erfahrung sammelt, als Pflicht gelten. Und zur Ehrenrettung des letztjährigen Kaders sei angeführt, dass der deutsche Nachwuchs in der Vorsaison nicht in der Bundesliga antrat. Dennoch machte der Auftritt des komplett umformierten Teams Hoffnung darauf, dass in dieser Spielzeit mehr gehen könnte als Abstiegskampf. Das lag an einer stabilen Annahme und weitgehend fehlerfreien Aufschlägen, vor allem aber an der Geschlossenheit, mit der sich Sauermanns Auswahl auch durch Schwächephasen kämpfte wie im zweiten Satz, als reihenweise amateurhafte Fehler passierten und Hamburg komplett den Faden verlor. „Wir sind eine echte Gemeinschaft, es gibt keine Grüppchen, keinen Zickenkrieg wie im Vorjahr“, sagte Nina Braack.

Diese Homogenität könnte helfen, die qualitativen Einbußen im individuellen Bereich durch Abgänge von Spielerinnen wie Anika Brinkmann oder Jennifer Pettke zu kompensieren. Wenn die seit der WM am Knie verletzte kanadische Top-Zuspielerin Jennifer Lundquist, die am kommenden Sonnabend im Heimspiel gegen den Schweriner SC ihr Debüt geben soll, im Vollbesitz ihrer Kräfte ist, dürfte das einen weiteren Schub geben. „Uns passieren noch Dinge, die nicht passieren sollten. Aber wir sind auf einem guten Weg“, sagte Coach Sauermann, der in der zur besten Spielerin gewählten Munoz, die mit 15 Zählern auch beste Punktesammlerin war, und Mittelblockerin Lucy Charuk seine stärksten Akteurinnen hatte, „jetzt hoffen wir nur, dass uns die Fans weiter so unterstützen!“

Das hofft auch Präsident Lüders. „Wir müssen die Menschen ja erst einmal wieder ans Gewinnen gewöhnen“, sagte er. Der Anfang ist gemacht.