Lüneburgs Volleyballer feiern vor 800 Zuschauern zum Bundesliga-Auftakt 3:1-Sieg gegen Leuna

Lüneburg. Als Bernd Schlesinger kurz vor Mitternacht die Gellersenhalle im Lüneburger Vorort Reppenstedt verließ, lag in seiner roten Sporttasche wieder der Meisterpokal der Volleyballer des Hamburger SV aus dem Jahr 1985. Schlesinger, 55, Trainingswissenschaftler am Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein, Co-Trainer und Sportchef der SVG Lüneburg, ist eine Art Reichsverweser ruhmreicher Hamburger Volleyballzeiten, und die klobige Trophäe diente 29 Jahre später dazu, die Mannschaft des Bundesliga-Aufsteigers vor ihrem ersten Auftritt in der höchsten deutschen Spielklasse zusätzlich zu motivieren. Trainer Stefan Hübner, 39, hatte darum gebeten, den Pokal in der Kabine auszustellen, „damit die Jungs einmal vor Augen haben, worum es in dieser Saison geht“.

Nun ist die Meisterschaft nicht das erklärte Ziel der Lüneburger, doch nach dem eindrucksvollen 3:1 (25:18, 23:25, 28:26, 25:15)-Sieg über den CV Mitteldeutschland aus Leuna (Sachsen-Anhalt) fragten im VIP-Raum die ersten Edelfans und Sponsoren bereits, ob Hübner das Saisonziel Klassenerhalt nicht überdenken wolle. „Nein!“, erklärte der Coach mit einem sanften Lächeln, dazu gebe es überhaupt keinen Grund. Und er fügte hinzu, was Trainer immer hinzufügen, wenn plötzlich Erwartungen aufkommen, die so gar nicht erwartet wurden: „Wir werden weiter im Training hart arbeiten, um eine noch bessere Mannschaft zu werden.“ Schlendrian, das scheint gewiss, wird unter Hübners Leitung nicht aufkommen. Schon jetzt hält Schlesinger ihn für die beste Neuverpflichtung.

Der ehemalige Weltklasse-Volleyballer und Nationalmannschaftskapitän, aufgewachsen in Hamburg, verhehlte aber nicht, dass ihm die erste erstklassige Vorstellung seines Teams gefallen habe: „In dieser Verfassung sind wir in der Bundesliga konkurrenzfähig, selbst wenn wir noch nicht am oberen Limit unserer Möglichkeiten gespielt haben.“ Diese Leistung müsse die Mannschaft auch auswärts wiederholen, wenn nicht 800 Leute hinter ihr stehen und jeden Punktgewinn bejubeln. „Und wir müssen auch dann stabil bleiben“, sagte Hübner, „wenn die Anfangseuphorie ein wenig nachlässt.“

Doch in Lüneburg hat die Party gerade erst begonnen. Scott Kevorken, 23, 2,06 Meter großer Mittelblocker und Kapitän, war noch Stunden nach dem historischen Erfolg beeindruckt von der Kulisse. „In den USA“, erzählte der zweimalige College-Meister, „haben wir meist in weit größeren Hallen vor halb leeren Rängen gespielt. Solch eine Stimmung wie hier vom ersten bis zum letzten Punkt habe ich nirgendwo erlebt. Ich habe jetzt noch Gänsehaut.“

Obwohl die kleine Gellersenhalle mit einer Deckenhöhe von sieben Metern allein aufgrund einer Ausnahmegenehmigung erstligatauglich ist, Umfeld und Stimmung sind es längst. „Hier kann was entstehen“, glaubt Junioren-Nationaltrainer Ulf Quell, 45, zugleich Coach der Mitteldeutschen. Mehr Professionalität für die Liga hatte nach dem dritten Platz der Männer bei der WM in Polen allerdings Friedrichshafens langjähriger Trainer Stelian Moculescu, 64, gefordert. Dazu sollte auch gehören, dass in Lüneburg nicht unbedingt die Hamburgerin Ute Fischer als Schiedsrichterin angesetzt wird. Auch wenn sie einen passablen, aber nicht fehlerfreien Job machte, strittige Entscheidungen, und die bleiben beim Volleyball nicht aus, führen dann schon mal zu unbedachten Reaktionen. Leunas Artur Augustyn sah wegen Meckerns Ende des vierten Satzes die Rote Karte. Einfluss auf das Spiel hatte der damit verbundene Punktabzug nicht mehr.