Die Trabrennbahn steht vor dem Aus. Beim Großen Preis von Deutschland winken noch einmal 200.000 Euro Preisgeld

Hamburg. Es ist so, als feiere man vor der Beerdigung noch ein letztes rauschendes Fest. Denn wenige Wochen vor dem zum Jahresende drohenden Aus für den Trabrennsport in Hamburg geht’s auf dem Hippodrom am Volkspark von Freitag bis Sonntag noch einmal so richtig rund. Höhepunkt eines dreitägigen Pferdefestivals ist der hochkarätig besetzte Große Preis von Deutschland am Sonntag: 15 vierjährige Traber aus acht Nationen, darunter vier nationale Derbysieger, wetteifern in Hamburg um 200.000 Euro Preisgeld.

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird es der letzte Kracher dieser Kategorie in Bahrenfeld für viele Jahre sein – wenn nicht gar für immer. Nach dem Rückzug der Familie des Milliardärs, Pferdezüchters und früheren Kaffeeunternehmers Günter Herz Ende Dezember steht eine seit 1880 in Altona ansässige Traditionssportart vor dem Ende. Hinter den Kulissen werden Überlegungen angestellt, den Betrieb zumindest auf Sparflamme weiterzuführen. Für den 21. Oktober wurde eine außerordentliche Mitgliederversammlung des Trabrennvereins HTZ einberufen. Zumindest für drei Tage sollen die akuten Probleme aber in den Hintergrund gedrängt werden.

„Das Publikum kann sich auf ein Feld der Extraklasse und eine spannende Entscheidung freuen“, sagte Traber-Präsident Peter Heitmann bei der Präsentation des Grand-Prix-Meetings. Kommt der Triumphator des Rennwochenendes wieder aus Schweden? Der von Per Nordström gesteuerte Djali Boko und ganz besonders Poochai mit Erik Adielsson im Sulky gehören zum engsten Favoritenkreis in einer offenen Prüfung. Auch der finnische Derbysieger Jonesy und der Franzose Alceste du Goutier haben beste Chancen auf 100.000 Euro Sieggeld.

Vier Starter im Hamburger Trabrennen des Jahres stammen aus Deutschland, darunter Derbysieger Tiger Woods As. Doch das einheimische Quartett dürfte nur bei idealem Rennverlauf Aussichten auf einen Top-Platz haben. Die Übermacht der großen Trabernationen wie Frankreich, Schweden oder Kanada erscheint zu stark.

Im mit 50.000 Euro ausgestatteten Prix d’Hambourg (Freitag) wird auf jeden Fall ein Teilnehmer aus Frankreich als Erster über die Bahrenfelder Zielmarkierung preschen: Dieses Rennen ist ausschließlich für französische Traber reserviert. Der erste von acht Starts am Eröffnungstag ist für 17 Uhr vorgesehen. Am Sonnabend und Sonntag steht das erste Rennen jeweils um 14 Uhr auf dem Programm. Insgesamt laufen in 24 Rennen 237 Pferde; 523.270 Euro Preisbörse locken. Im Vorjahr wurden während des Festivals 407.500 Euro an den Totokassen umgesetzt. Nach einem in den vergangenen zwölf Jahren um fast 90 Prozent eingebrochenen Wettumsatz reicht das nicht mehr zur Kostendeckung.

Der Eintritt auf den Stehplätzen ist für die Besucher frei. Parallel wird ein Rahmenprogramm mit Attraktionen für die gesamte Familie, Minitrabern, Parallelfahrten in Kleinbussen, Luftballonkünstlern und Prämienausspielungen angeboten. Spielt das Wetter halbwegs mit, werden mehr als 10.000 Zuschauer erwartet. Abgerundet wird das Ereignis von einer Auktion am Sonnabend um 18.30 Uhr. 66 Jährlinge aus ganz Europa werden versteigert.

Bis Silvester sind noch zehn weitere Veranstaltungen auf dem in den vergangenen Jahren für rund fünf Millionen Euro modernisierten Hippodrom angesetzt. Mancher fürchtet, dass die Flutlichter dann auf Dauer ausgehen. „Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie es weitergeht“, antwortete Traber-Präsident Peter Heitmann am Dienstag. „Bis zum 31. Dezember ist der Rennbetrieb auf jeden Fall gesichert.“ Der nach einem Bandscheibenvorfall gehandicapte Profi will an diesem Freitag nach zwei Monaten Verletzungspause wieder in den Sulky steigen.

Am vergangenen Wochenende fuhr Heitmann in die Hauptstadt Berlin. Der Traber-Hauptverband hatte die acht verbliebenen von einstmals mehr als 20 deutschen Rennvereinen an einen Tisch gebeten. Insider erwarten, dass sich die Firma German Tote, die bisher nur die Bahnen in Berlin, Karlshorst und Mönchengladbach betreute, demnächst auch in Hamburg als Vermarkter engagieren wird. Die durch den Rückzug der Familie Herz klaffende Etatlücke könnte dadurch allerdings nicht auch nur annähernd wettgemacht werden. Ein bestehender, indes keinesfalls wohlhabender Förderverein wird hier kaum die Wende bringen können.

Bei so viel akutem Ärger tragen wenigstens die laufenden Vereinbarungen mit der Stadt Hamburg zu einem Minimum an Beruhigung bei. Der Pachtvertrag für das Bahrenfelder Areal, auf dem bald auch 288 Asylbewerber Unterkunft finden sollen, datiert noch bis zum Jahr 2017. Und die von der Wirtschaftsbehörde jährlich neu zu verlängernde Totalisator-Genehmigung für 2015 hofft Heitmann bis Ende November unter Dach und Fach zu haben.