Boxweltmeister versöhnt sich in Kiel auch mit Trainer Wegner

Hamburg. Manchmal sagt eine schlichte Geste mehr als tausend schöne Worte, und so durfte man das Lächeln auf Arthur Abrahams Gesicht als eine Art Schlussstrich betrachten. Sein Trainer Ulli Wegner, so berichtete der alte und neue WBO-Weltmeister im Supermittelgewicht im Presseraum der Kieler Sparkassen-Arena am frühen Sonntagmorgen, habe ihm als Anerkennung für den einstimmigen Punktsieg über den Briten Paul Smith ein Küsschen auf die Wange gegeben. „So etwas hat er noch nie gemacht. Ich war wirklich gerührt“, sagte der Berliner.

Viel war berichtet worden vor dem Kampf über das Verhältnis zwischen Wegner und seinem Paradeboxer. Sogar eine Rücktrittsdrohung stand im Raum für den Fall, dass Abraham wieder einmal die taktischen Anweisungen des 72 Jahre alten Meistertrainers missachten und dadurch den Titel verlieren würde. Es wird aber, so viel wurde deutlich in Kiel, noch etwas weitergehen mit der Zweckgemeinschaft Wegner/Abraham. Und wenn die Reibung immer solche Kräfte freisetzt, dann muss einem um die mittelfristige Zukunft des 34-Jährigen nicht bange sein. Wahrscheinlich war es etwas hoch gegriffen, dass Promoter Kalle Sauerland davon sprach, er habe „die beste boxerische Leistung gesehen, die Arthur jemals gezeigt hat“. Wie Abraham jedoch das Kampfgeschehen von Beginn an im Griff hatte, anstatt zunächst, wie so oft gesehen, mehrere Runden nur abzuwarten, und wie er das Duell vor allem mit seiner linken Führhand diktierte, das hatte Klasse.

Traurig war, dass die unterlegenen Briten versuchten, das Urteil der drei Punktrichter dermaßen in Misskredit zu ziehen, dass sich der Sauerland-Stall einmal mehr der Diskussion um Fehlbewertungen auf seinen Kampfabenden stellen musste. „Das, was die Punktrichter gesehen haben, war eine Schande. Wir werden nicht ein sofortiges Rematch fordern, aber Paul verdient, als nächster Pflichtherausforderer für Abraham eingesetzt zu werden“, sagte Manager Eddie Hearn.

Das Lager von Paul Smith wütete gegen das Urteil der drei Punktrichter

Tatsächlich lässt sich über das Votum des Spaniers Fernando Laguna streiten, der Smith gerade mal eine Runde zugestand. Aber Waleska Roldan (USA) und Zoltan Enyedi (Ungarn) lagen mit ihren 117:111-Wertungen sehr richtig. Smith war zwar über weite Strecken der aktivere Mann im Ring, erzielte mit seinen eindimensionalen Schlägen auf Abrahams Doppeldeckung jedoch kaum Treffer geschweige denn Wirkung. Abraham war effektiver und sicherte sich Runde um Runde durch Zwischen- und Endspurts mit sehenswerten Kombinationen.

Auch Kalle Sauerland hatte auf die Mätzchen der Briten keine Lust. „Wir sollten die sportlichen Leistungen der Kämpfer würdigen, anstatt schon wieder über ein Urteil zu diskutieren, das keinen Anlass zu Diskussionen gibt“, sagte er. Dennoch boten Abraham, Wegner und Sauerland dem Smith-Lager einen Rückkampf an. Wann dieser stattfinden könnte, ist unklar. Abraham selbst würde gern noch in diesem Jahr in den Ring zurückkehren. Allerdings hat der Sauerland-Stall bis zum Auslaufen des Exklusivvertrags mit der ARD zum Jahresende nur noch einen TV-Termin, am 6. oder 13. Dezember. Dieses Datum ist für Halbschwergewichtschampion Jürgen Brähmer reserviert.

Möglich also, dass Abraham erst im Frühjahr 2015 wieder aktiv werden kann. Dass dann ein für den deutschen Markt sehr attraktives Duell für Sauerland den Einstieg in eine neue TV-Partnerschaft markieren könnte, ist ein schöner Nebeneffekt. Sein Interesse, gegen den Sieger des Duells der Exweltmeister Felix Sturm und Robert Stieglitz anzutreten, die am 8. November in Stuttgart aufeinandertreffen, hinterlegte Abraham nachdrücklich.