Cilic wird damit leben müssen, dass die internationale Tennisgemeinde, die sich mehr an der potenziellen Vielfalt dieses Sports erfreut als einzelne Spieler bedingungslos unterstützt, von Cilic’ Spielweise nicht verzückt ist. Ein Aufschlag

Um es gleich klarzustellen: Marin Cilic hat verdient die US Open im Tennis gewonnen. Wer bei einem Grand-Slam-Turnier im Viertel- und Halbfinale sowie im Endspiel keinen Satz abgibt, muss sich für den Erfolg nicht rechtfertigen. Ebenso verständlich ist, dass Cilic in seiner Heimat Kroatien mit dem Triumph den Status eines Volkshelden ergattert hat.

Cilic aber wird auch damit leben müssen, dass die internationale Tennisgemeinde, die sich mehr an der potenziellen Vielfalt dieses Sports erfreut als einzelne Spieler bedingungslos unterstützt, von Cilic’ Spielweise nicht verzückt ist. Roger Federer, gegen den Kroaten im Halbfinale unterlegen, nannte es „Old School Tennis“, weil Cilic „auf alles draufhaut“. Auch wenn man diese Aussage des Schweizers angesichts seiner Niederlage relativieren muss, so steckt im Kern doch viel Wahres. Cilic zeigte bei seinem Triumphzug von Flushing Meadows überwiegend eindimensionales Tennis. Seine Aufschläge waren kaum einmal so zu returnieren, dass ansatzweise ein richtiger Ballwechsel zustande kam. Der körperlich und mental unterlegene Finalgegner Kei Nishikori hatte nur die Rolle eines Zuschauers mit dem besten Platz.

Natürlich ist es eine Leistung, einen Ball mit 215 Kilometern pro Stunde über das Netz zu dreschen. Doch Tennis kann so viel mehr bieten: Stopps, Lobs, Volleys, Topspin- und Slice-Schläge, Tempowechsel und taktische Finessen. Manchmal deutete Cilic an, dass er auch einiges davon beherrscht, aber draufhauen war meist einfacher. Cilic hat gewonnen, aber begeistert hat er damit (noch) nicht.