Laura Ludwig ist die derzeit beste Beachvolleyballerin der Welt. Das beweist sie mit wechselnden Partnerinnen

Hamburg. Das Leben eines Beachvolleyballprofis ist von April bis September oft ein rastloses. Fast jede Woche ein Turnier, in den USA, Europa oder Asien, selten in Deutschland. Die Tage dazwischen sind mit Alltäglichem verstopft, Koffer ein- und auspacken, Wäsche waschen, Fernseh- und PR-Termine, Freunde kurz treffen. Es ist seit nun zehn Jahren das Leben der Laura Ludwig, und ihr spitzbübisches Lächeln verrät, dass Hamburgs Sportlerin des Jahres weiter „riesigen Spaß“ an ihrem Job hat, „weil er außergewöhnlich interessant und abwechslungsreich ist“.

Selbst die deutschen Meisterschaften im Ostseeheilbad Timmendorfer Strand, die an diesem Donnerstag um 17Uhr beginnen, fallen diesmal nicht in die Kategorie Routine. Mit Julia Sude, 26, steht seit sieben Wochen eine neue Frau an ihrer rechten Seite, und für Ludwig wäre es „was ganz Besonderes“, wenn sie am Sonnabend ihren sechsten deutschen Meistertitel mit der dann dritten Partnerin gewänne. Das gab es noch nie. Zuvor siegte sie viermal mit der heutigen Sky-Fernsehreporterin Sara Goller (2006–2008 und 2011) und im vergangenen Jahr mit deren Nachfolgerin Kira Walkenhorst.

Ludwig, 28, ist allerdings alles andere als wahllos bei der Kür ihrer Mitspielerinnen, und der Partnertausch war diesmal auch nicht freiwillig. Ende Juni hatte Walkenhorst, 23, die Saison vorzeitig beenden müssen, als die Folgen eines Pfeifferschen Drüsenfiebers weitere körperliche Belastungen verboten. Walkenhorst leidet unter dem Epstein-Barr-Virus, das das Immunsystem immer mal wieder extrem schwächen kann. An Leistungssport ist dann nicht mehr zu denken. Bis zum Ende des Jahres soll sie sich schonen, alle Aktivitäten herunterfahren, damit der Körper das Virus bekämpfen kann.

Das ist der Plan der Ärzte. Greift er, kann Walkenhorst im Januar wieder mit dem Training beginnen. Ludwig sehnt diesen Moment herbei. Das HSV-Duo gilt schließlich als Medaillenkandidat für die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro, und die letzten gemeinsamen Resultate nährten die Hoffnung, dass dieses Ziel realistisch ist. Ludwig/Walkenhorst gewannen am 3. Mai in Shanghai (China) als erstes deutsches Frauenteam auf der Welttour ein Grand-Slam-Turnier und führten danach die Weltrangliste an.

Als Walkenhorst nicht mehr baggern und blocken konnte, fand Ludwig Anfang Juli schnell Ersatz. Julia Sude vom VfB Friedrichshafen war sofort bereit einzuspringen: „Das Angebot, mit einer der besten Spielerinnen der Welt auf Tour zu gehen, kommt eben nicht alle Tage.“ Es war eine Win-win-Situation selbst für ihre bisherige Mitspielerin Chantal Laboureur, 24, mit der Sude auch künftig plant. Mit Ludwig sammelt Sude zusätzliche Weltranglistenpunkte, die im nächsten Jahr auch auf das Konto Sude/Laboureur einzahlen. Dadurch können die beiden wahrscheinlich mehr Welttour-Turniere spielen als in diesem Jahr, weil sie in der Setzliste vorrücken. Nur die vier besten Teams jedes Landes sind international jederzeit startberechtigt.

Ludwig/Sude brauchten gerade mal sechs Wochen und fünf Turnierauftritte, um in der Weltspritze anzukommen. Vergangenen Sonnabend verpassten sie im polnischen Stare Jablonki den Sieg im dortigen Grand-Slam-Turnier denkbar knapp. Im Finale unterlagen sie den Brasilianerinnen Larissa/Talita nach 53 Minuten erst in der Verlängerung des dritten Satzes. Für Sude war es die erste internationale Medaille und mit 43.000 US-Dollar, rund 32.600 Euro, das bislang höchste Preisgeld ihrer Karriere.

„Laura ist eine Weltklassespielerin. Sie hat viel Erfahrung, und sie versteht es, ihre Partnerin zu führen. Sie hat zudem eine durch und durch positive Ausstrahlung“, erklärt Bernd Schlesinger den raschen Erfolg des Zufallspaares. Schlesinger, 55, ist Trainingswissenschaftler für Beachvolleyball am Olympiastützpunkt in Hamburg-Dulsberg. Hinzu komme, sagt er, „dass alle Spielerinnen auf der Welttour heute ein sehr hohes technisches und taktisches Niveau haben und die Unterschiede oft nur Nuancen sind. Dadurch fällt die Findungsphase weit kürzer aus.“

Vor dem Turnier in Polen hatten Ludwig und Sude in Bochum bei Ludwigs Trainern Jürgen Wagner und Hans Voigt erstmals vier Tage in Folge Zeit, um miteinander üben und sich abstimmen zu können. „Das hat sich ausgezahlt“, sagt Ludwig. Ein weiterer Erfolgsfaktor sei, „dass wir keinen Druck spüren. Es ist einfach eine tolle Herausforderung. Niemand, auch wir nicht, erwarten im Moment Großartiges. Das macht vieles leichter.“ 95.000 US-Dollar, rund 72.000 Euro, haben die beiden in ihren fünf Turnieren gewonnen. Nur wenige Teams verdienen sich in so kurzer Zeit ähnliche Summen. Dennoch ist das Ende der Partnerschaft beschlossen. Timmendorf jetzt und das letzte Welttour-Turnier des Jahres Ende September in São Paulo – „danach trennen sich unsere Wege“, sagt Ludwig.

Und was ist, wenn Kira Walkenhorst doch nicht wie erhofft gesund wird? „Bohren Sie nicht nach“, sagt sie und wird das erste Mal im Gespräch ernst. „Ich will mit Kira zu Olympia. Das haben wir fest verabredet. Ich habe noch keine Sekunde eine andere Variante in Betracht gezogen.“ Auch wenn Kiras Virus tückisch sei und es kurz vor Olympia einen Rückfall geben könnte, „das ist eben das Risiko, das jeder Leistungssportler hat. Auch ich könnte mich kurz vor Olympia verletzen oder krank werden. Es gibt nun mal keine Versicherung gegen alle Eventualitäten. Aber damit kann ich sehr gut leben.“

Andere mögen das bedauern. Erfolg ist an der Seite Ludwigs nämlich garantiert. Beim deutschen Supercup Anfang August im Ostseebad Kühlungsborn siegte sie mit Elena Kiesling, 32, aus Bad Soden, mit der sie zuvor nie zusammengespielt hatte. Im Finale bezwangen die beiden Katrin Holtwick/Ilka Semmler aus Essen, derzeit Nummer eins der deutschen Rangliste. Kiesling gewann daraufhin gleich das nächste nationale Turnier in Nürnberg mit der Hamburgerin Jana Köhler. „Ich habe von Laura viel gelernt“, sagt Kiesling.

Von der Strandkönigin zu lernen heißt offenbar siegen zu lernen.