Berlin. Paul Biedermann saß enttäuscht im Hotel, als im Berliner Velodrom sein Nachfolger gekürt wurde. Der entthronte Schwimm-Europameister hatte sich zum Auftakt der Heim-EM gewaltig verzockt und die erste seiner fünf Medaillenchancen leichtfertig verspielt. Nachdem er am Morgen in seinem „Bummelvorlauf“ über 400 Meter Freistil das Finale verpasst hatte, wollte der 28-Jährige abends in der Halle auch nicht zuschauen. „Ich habe das Rennen falsch eingeschätzt“, ließ der Weltrekordler ausrichten. Ohne die Anfeuerung des Schwimmstars hatte Clemens Rapp, 25, im einzigen Endlauf am Montag mit deutscher Beteiligung keine Chance auf eine Medaille. Beim Sieg des Serben Velimir Stjepanovic auf Biedermanns Weltrekordstrecke fehlte dem Heidelberger auf Rang fünf fast eine Sekunde zur Bronzemedaille.

Besser als der deutsche Vorschwimmer machten es Kurzbahnweltrekordler Steffen Deibler und Vizeeuropameisterin Jenny Mensing, die problemlos ihre Finals am Dienstag (18 Uhr, ARD) erreichten. Der Hamburger Deibler weckte als Dritter im Halbfinale über 50 Meter Schmetterling Hoffnungen auf Edelmetall, die Wiesbadenerin kam als Vierte einen Platz vor Lisa Graf (Berlin) über 200 Meter Rücken weiter.

Für Biedermann war am Morgen alles vorbei: Mit versteinerter Miene sah der Hallenser nach seinem Vorlauf, wie er um sieben Hundertstelsekunden aus dem Finale purzelte. Sprachlos flüchtete er aus dem Velodrom. An der Seite des Doppelolympiasiegers Yannick Agnel hatte Biedermann in seinem hochkarätig besetzten, aber langsamen Vorlauf nach 3:50,42 Minuten den dritten Platz belegt – 39 Hundertstel vor seinem französischen Rivalen. „Ganz zufrieden“ sei er damit, „ich will im Finale meine beste Leistung zeigen“, sagte er – ehe im letzten Vorlauf noch sechs Schwimmer schneller waren.

„Fehlende Wettkampfkilometer“ machte sein Heimtrainer Frank Embacher aus, „dadurch ist es passiert, dass er seine Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen konnte.“ Eine dreiwöchige Krankheitspause in der Vorbereitung hatte den Doppelweltmeister von 2009 aus dem Tritt gebracht. Viel Zeit, über den Fehlstart nachzudenken, hat Biedermann nicht. Am Dienstagmorgen geht er über seine Lieblingsstrecke 200 Meter Freistil an den Start – als Titelverteidiger und Medaillenkandidat.