Bei der Junioren-WM im Rudern in Allermöhe lief am ersten Tag alles nach Plan. Nur das Zuschauerinteresse könnte noch größer sein

Hamburg. Tim Ole Naske sah nicht unbedingt aus wie jemand, der sich gerade verausgabt hatte. Hatte er ja auch nicht – weil es nicht nötig war. „Bei 1000 Metern hatte ich schon alles im Griff“, erzählte der 18-Jährige von der Ruder-Gesellschaft Hansa Hamburg, nachdem er sein weißes Skiff aus dem Wasser gehievt und aufgebockt hatte, „die zweite Hälfte konnte ich es etwas kontrollierter angehen lassen.“ Schließlich liegen noch 6000 Meter vor ihm bis zu seinem großen Ziel, der Goldmedaille im Einer. Da hilft es, wenn man noch Reserven hat.

Naskes Renntaktik passte gut zu diesem ersten Tag der Juniorenweltmeisterschaften in Allermöhe. Alles lief genau wie geplant, aber es gibt noch Entwicklungspotenzial. Zum Beispiel, was die Zuschauer betrifft. Mehrere Hundert hatten sich am Mittwochnachmittag am Regattazentrum Dove Elbe eingefunden, einige heizten sich auf der Tribüne in der Sonne auf, andere suchten sich ein schattigeres Plätzchen in der Picknickzone und ließen die Wettkampfatmosphäre auf sich wirken. Stimmung kam immer auf, wenn über Lautsprecher dazu aufgefordert wurde. Da geht in den kommenden Tagen gewiss noch mehr.

Vielleicht lag es auch am Wettkampfmodus, der es im Rudern mit den Athleten anfangs etwas zu gut meint. Wenn sich von fünf Booten im Vorlauf vier direkt für ein Viertelfinale qualifizieren und der Letzte im Hoffnungslauf eine zweite Chance dazu bekommt, lässt sich Spannung nur schwer herbeireden, auch wenn die Streckensprecher wirklich ihr Bestes gaben.

Auf sie war angewiesen, wer sich über den Rennverlauf informieren wollte. Eine Zeittafel oder gar eine Videoleinwand waren im Zielbereich nicht auszumachen. „Es ist ein bisschen schade, dass die Zuschauer so wenig Eindrücke von der Strecke bekommen“, sagte Nachwuchsbundestrainerin Brigitte Bielig. Ansonsten aber gebe es an der Organisation und den Bedingungen überhaupt nichts auszusetzen. Und an der sportlichen Bilanz des ersten Tages sowieso nicht.

In allen fünf Klassen gewannen die deutschen Boote ihre Vorläufe, in dreien davon in Tagesbestzeit. „Damit können wir sehr zufrieden sein“, sagte Bielig. Bei der großen Anzahl teilnehmender Länder, darunter in diesem Sport weitgehend unbekannte wie Nigeria, Togo und Vietnam, seien die Leistungsunterschiede in den Vorläufen zwar noch sehr groß gewesen. Aber die guten Zeiten bestärkten nur den Eindruck, dass es sich beim Juniorenjahrgang 2014 um einen überdurchschnittlich guten handelt.

Das gilt für den als Ausnahmetalent gehandelten Naske, aber auch für seinen Heinrich-Hertz-Schulkameraden und Vereinskollegen Henrik Runge. Der 17-Jährige fuhr als Bugmann mit dem deutschen Doppelvierer ähnlich souverän zum Vorlaufsieg und verschaffte sich somit ebenfalls einen Tag Wettkampfpause vor dem Viertelfinale am Freitag. „Es ist schon ein Vorteil, die Strecke so gut zu kennen“, sagte Runge, „dann weiß man, wo es windstill ist und man den Zehner am besten reinsetzt.“ Noch vor zwei Jahren hätte Runge nicht gewusst, dass man in der Rudersprache so einen Zwischenspurt nennt. Nach 13 Jahren Handball, zuletzt beim HSV Hamburg, wechselte er 2012 die Sportart, weil es ihm auf dem Parkett „teilweise zu brutal“ wurde.

Den gleichen Weg ist auch Max Reichel gegangen, er brachte es im Handball sogar zum Juniorennationalspieler. An diesem Donnerstag geht der 17-Jährige vom Ruder-Club Allemannia wie auch Matti Saborowsky, 18, vom Hamburger und Germania Ruder-Club im Vierer mit Steuermann an den Start. Im Achter dürfen sich die 17-jährigen Charlotte Zeiz (Hamburger Ruderinnen-Club) und Alexander Vollmer (Alster-RV Hanseat) von 9.30 Uhr an beweisen. Die Vorläufe dauern bis 12.20 Uhr an, anschließend beginnen die Hoffnungsläufe.

Für Zuschauer, die wie empfohlen ohne Auto anreisen wollen, wurde der Shuttle-Service von der S-Bahn-Station Mittlerer Landweg ausgeweitet und steht bereits für Donnerstag und Freitag zur Verfügung.