Italiener führt mit klarem Vorsprung. Deutschen Sprintern fehlt im Dauerregen der Durchblick

Nîmes. Mit dreckverschmierten Gesichtern standen André Greipel und Marcel Kittel im Zielbereich von Nîmes und schoben Frust. In einem chaotischen Finale der regenreichen 15. Etappe hatte das Duo die Neuauflage der deutschen Sprinter-Festspiele der ersten Tour-Woche klar verfehlt. Zum Spielverderber, der Ausreißer Jack Bauer und Martin Elmiger, wurde stattdessen Tagessieger Alexander Kristoff, der die beiden Flüchtlinge wenige Meter vor dem Ziel um den Lohn brachte. „Es ging drunter und drüber. Die richtige Position zu bekommen, war wie eine Lotterie“, sagte Kittel, der sich mit dem elften Platz begnügen musste: „Bei 400 Meter habe ich keine Lücke mehr gehabt und gemerkt, dass es vorbei ist.“

Lange Zeit hatte sich das Peloton um den unantastbaren Gesamtführenden Vincenzo Nibali, der tags zuvor in den Alpen den nächsten großen Schritt zu seinem ersten Tour-Sieg gemacht hatte, am Sonntag auf der 222 Kilometer langen Etappe von Tallard nach Nîmes mit extrem schlechtem Wetter herumgeplagt. Erst rund zehn Kilometer vor dem Ziel klarte der Himmel auf. „Wir haben halt kein Dach und können nicht auf besseres Wetter warten. Es war schwer, im Regen etwas zu sehen“, sagte Greipel, am Ende Etappenfünfter.

Beinahe hätte das Hauptfeld die beiden Flüchtlinge, die sich kurz nach dem Start auf die Reise gemacht hatten, komplett aus den Augen verloren – wohl auch bedingt durch die schlechten Straßenverhältnisse. „Die Straßen waren ultraglatt. Einmal habe ich gedacht, jetzt stürze ich“, sagte Kittel. Besonders die vielen Kreisverkehre stellten das Feld vor enorme Probleme. „Ich hatte heute einfach keine Eier, mit vollem Tempo in den Kreisverkehr zu gehen“, sagte Kittels Teamkollege John Degenkolb. Eine geordnete Sprintvorbereitung war damit praktisch unmöglich.

Das Duo Elmiger und Bauer wehrte sich mit allen Mitteln gegen die heraneilende Meute, bei der Flamme Rouge, der Ein-Kilometer-Markierung, betrug der Vorsprung noch 15 Sekunden. Doch am Ende fehlten wenige Meter. Als Bauer die Ziellinie bereits in Sicht hatte, flogen die Top-Sprinter doch noch vorbei. Der Neuseeländer vergoss im Ziel bittere Tränen. Enttäuscht war auch Greipel. „Ich hatte nicht den Punch, weil ich auch früh in den Wind musste“, sagte der Rostocker. Wieder mal zu den Verlieren gehörte der slowakische Sprint-Star Peter Sagan (Cannondale). Der 24 Jahre alte Träger des Grünen Trikots wurde Dritter und wartet damit dieses Jahr weiter auf einen Etappensieg

Glück brauchte der Gesamtführende Nibali am Sonnabend nicht. Auf der zweiten Alpenetappe nach Risoul baute der Italiener vom Team Astana durch seinen zweiten Platz den Vorsprung in der Gesamtwertung aus – stolze 4:37 Minuten liegt Nibali vor dem Spanier Alejandro Valverde (Movistar). Nur ein schwerer Einbruch in den Pyrenäen kann den Sizilianer Nibali noch den ersehnten Triumph bei der Grande Boucle kosten. „Es war mir wichtig, jede Attacke zu stellen. Das ist sehr gut gelungen“, sagte der 29-Jährige. Gelingt ihm das, wäre der „Hai von Messina“ der erste italienische Tour-Sieger seit dem gedopten Marco Pantani 1998.