Im Abendblatt schreibt Ex-Daviscup-Spieler Mischa Zverev über den Erfolg seines Bruders

Als wir uns am vergangenen Sonntagabend in Hamburg trafen, da hatte mein Bruder ein Ziel. Er wollte am Rothenbaum sein erstes Match auf der ATP-Tour gewinnen. Dass wir eine Woche später auf eine Halbfinalteilnahme zurückschauen dürfen, ist ein absoluter Hammer. Das Wichtigste, was Sascha mitgenommen hat aus diesem Turnier, das ist der Glaube daran, dass er nicht nur mithalten kann auf Top-100-Niveau, sondern diese guten Spieler auch schlagen kann. Wir wissen jetzt, dass sich die harte Arbeit ausgezahlt hat.

Auf der Pressekonferenz wurde Sascha gefragt, wie er es schaffe, auf dem Boden zu bleiben. Diese Frage ist unnötig, denn er hat sich überhaupt nicht verändert in dieser Woche. Für ihn war es emotional ein Turnier, das nicht wichtiger war als jedes andere auch, denn für ihn ist jeder Sieg schön, und jede Niederlage schmerzt ihn. Außerdem macht er sich überhaupt nichts aus der Aufmerksamkeit, die er geweckt hat. Er nimmt nicht wahr, was über ihn geschrieben oder gesagt wird. Innerlich freut er sich unheimlich über diese Woche. Aber er zeigt es nicht gern, das ist nicht sein Stil.

Viele wollen wissen, warum er so cool wirkt. Die Antwort darauf ist, dass er seit 17 Jahren für den Sport lebt und meine Karriere so intensiv verfolgt hat, dass für ihn nichts neu ist, was jetzt passiert. Er freut sich, dass die Familie ihn unterstützt und immer für ihn da ist. Aber er braucht uns nicht, um zu wissen, dass er noch nicht das erreicht hat, was er sich vorgenommen hat.

Es mag sich kurios anhören, aber Sascha spielt nicht wegen des Geldes oder des Ruhms. Er spielt, weil er Tennis liebt. Spielen ist seine Welt. Wenn er sagt, dass Tennis sein Leben ist, dann stimmt das zwar, aber ich kann alle beruhigen: Sascha kann sehr gut vom Tennis abschalten, er ist keiner, der nur an den Beruf denkt. Er liebt Wakeboarden und Skifahren, geht stundenlang schwimmen oder angeln. Wenn wir in Florida sind, fliegt er mit mir, denn ich habe einen Pilotenschein. Und er ist ein Basketballfreak, spielt zwei Stunden täglich, wenn er nicht auf einem Turnier ist, und weiß jede Neuigkeit aus der NBA. Und so konzentriert er auf dem Tennisplatz auch wirkt: Zu Hause ist er manchmal so zerstreut, dass er auf gar nichts reagiert.

Er ist ein ziemlich normaler, sportinteressierter Teenager, der die Gabe hat, ein großartiger Tennisspieler zu sein. Sein großes Ziel hat er fest im Blick: einmal in Wimbledon gewinnen. Nach dieser Woche darf man daran wieder ein kleines Stück mehr glauben.

Mischa Zverev, geboren am 22. August 1987, zog mit seinen Eltern als Vierjähriger von Moskau nach Hamburg. Seine beste Weltranglisten-Platzierung war Rang 45 im Jahr 2009, als er auch im Daviscup spielte. Nach einer Operation am Handgelenk fällt der Weltranglisten-350. noch bis Jahresende aus.