Der Rücktritt von Kapitän Lahm aus dem deutschen Nationalteam sorgte für eine große Überraschung. Auch die Zukunft von Bundestrainer Löw ist noch nicht gänzlich geklärt.

München. Einen Tag nach seinem Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft hat sich Philipp Lahm bereits mit seiner neuen Rolle angefreundet: „Ab sofort bin ich Fan der Nationalmannschaft“, sagte der deutsche WM-Kapitän auf der Homepage seines Vereins Bayern München.

Der 30-Jährige unterstrich, den Entschluss zum Rücktritt aus der DFB-Auswahl bereits vor seiner dritten WM und unabhängig von deren Verlauf gefällt zu haben: „Im Laufe der vergangenen Saison ist in mir der Entschluss gereift, dass das sechste große Turnier mit der Nationalmannschaft auch das letzte sein soll.“ Er habe das Gefühl gehabt, „dass das die richtige Entscheidung ist.“

Wie es beim DFB ohne ihn weitergehe, darüber gebe er „keine Prognosen ab“. Der 113-malige Nationalspieler und langjährige Kapitän versicherte, seine Zeit in der Auswahl als „absolutes Privileg“ empfunden zu haben: „Zehn wunderbare Jahre - besser geht es nicht. Ich bin dankbar und froh, dass ich eine so tolle Zeit dort gehabt habe.“

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat Lahm ein Abschiedsspiel in Aussicht gestellt. Infrage komme laut dem 63-Jährigen die Neuauflage des WM-Endspiels gegen Argentinien am 3. September in Düsseldorf: „Ich habe ihm gesagt: Du musst zu dem Spiel kommen, damit wir dich würdig verabschieden“, sagte Niersbach.

Niersbach befürchtet nach dem überraschenden Rücktritt von Lahm keine ähnliche Reaktion von Weltmeister-Coach Joachim Löw. Der Verbandschef ist auch eine Woche nach dem WM-Finale in Brasilien fest überzeugt davon, dass Löw die deutsche Nationalmannschaft als Bundestrainer zur EM 2016 führen wird. „Die Dinge sind geklärt. Am 3. September ist das nächste Länderspiel, wieder gegen Argentinien. Und es ist klar, wer dann auf der Bank sitzen wird“, sagte Niersbach und meinte den 54 Jahre alten Amtsinhaber Löw.

EM-Titel 2016 ist das Ziel von Löw

Löws Vertrag war schon vor der Weltmeisterschaft in Brasilien bis zum EM-Turnier 2016 in Frankreich verlängert worden. Löw selbst hatte nach dem gewonnenen Finale gegen Argentinien allerdings betont, dass er „erst mal zur Ruhe kommen“ müsse und dann ein mit Niersbach verabredetes Gespräch führen werde. Die Spieler müssten nach drei Wochen Urlaub wieder bei ihren Vereinen antreten. „Da habe ich es etwas besser“, sagte Löw.

Die Nationalmannschaft startet erst Anfang September in die neue Länderspiel-Saison. Vier Tage nach dem Freundschaftsspiel am 3. September in Düsseldorf gegen Argentinien beginnt in Dortmund gegen Schottland die Qualifikation für die EM 2016. Niersbach wies darauf hin, dass Löw bei der Frage nach einer neuen Motivation als Bundestrainer selbst „die Parallele“ zu Spaniens Nationalcoach Vicente del Bosque gezogen habe.

Del Bosque hatte nach dem WM-Triumph 2010 ebenfalls zwei Jahre später den EM-Titel mit der spanischen Auswahl errungen. „Das ist auch das Ziel von Joachim Löw“, versicherte Niersbach mit Blick auf das nächste große Turnier. Der Verbandschef betonte, dass der DFB sich nach dem vierten WM-Titel „nicht zurücklehnen“ werde. Im Gegenteil: „Wir wollen nicht wieder 24 Jahre warten, um Weltmeister zu werden.“

Der Rücktritt von Kapitän Lahm, dem womöglich auch der des 36-jährigen Torjägers Miroslav Klose folgen könnte, trifft den Weltmeister nach Ansicht von Niersbach sportlich hart. „Wir alle werden Philipp Lahm vermissen. Jetzt müssen wir mit der Situation fertig werden“, erklärte er. Trotz des Weltmeister-Titels gebe es Baustellen, die Löw in den kommenden Monaten bearbeiten müsse.

„Wir haben auf drei Positionen insgesamt Probleme. Das sind die beiden Außenverteidiger und die klassischen Stürmer. Ich glaube, dass auf diesen Positionen unsere Trainer gerade im Nachwuchsbereich gefordert sind, dass wir neue Philipp Lahms bekommen“, sagte der 63 Jahre alte Niersbach. Vom WM-Titel erhofft sich der DFB-Präsident „einen Run auf unsere Vereine“ wie nach dem Triumph 1990: „Damals hatten wir im Sog des WM-Gewinns in Italien 100.000 Neuanmeldungen.“