Die Anlage am Rothenbaum soll bis 2018 komplett umgestaltet werden. Die Wünsche von fünf Parteien müssen dabei berücksichtigt werden.

Bedenkt man, dass Karl Schwinke Politiker ist, waren die Worte, die Hamburgs Sportstaatsrat wenige Tage vor dem Start der Turnierwoche am Rothenbaum wählte, mehr als deutlich. Mittelfristig sei die Tennisanlage an der Hallerstraße nicht zukunftsfähig. „Es muss dringend modernisiert werden“, sagte der SPD-Mann. Neben ihm nickten Turnierdirektor Michael Stich und sein Geschäftspartner Detlef Hammer, Chef der Veranstaltungsagentur HSE, im Takt.

Um es deutlich zu sagen: Die Zukunft des traditionsreichsten und noch immer bedeutendsten deutschen Tennisturniers ist mittelfristig gesichert. Bis 2018 hat der Deutsche Tennis-Bund (DTB) als Lizenzinhaber Stich und der HSE vertraglich zugesichert, auf der Anlage am Rothenbaum ihr Turnier veranstalten zu können. Die Herrentennisorganisation ATP will im kommenden Jahr alle ihre 61 Events einer grundsätzlichen Überprüfung unterziehen. Dann wird es erste Hinweise darauf geben, wie es nach 2018 mit Hamburg auf der Weltkarte des Tennis weitergehen könnte.

Fakt ist, dass die Anlage, auf der der Club an der Alster beheimatet ist, unabhängig von der Entscheidung der ATP spätestens 2018 ein völlig neues Aussehen haben soll. Seit Jahren wird über einen Abriss des überdimensionierten Stadions und eine Neugestaltung des rund 30.000 Quadratmeter großen Areals diskutiert. Entstehen soll ein modernes Hockeystadion mit 3000 Plätzen, das für das Tennisturnier mittels mobiler Tribünen auf das von der ATP geforderte Fassungsvermögen von 7500 Plätzen aufgestockt werden könnte.

Allein die Umsetzung dieser Pläne birgt viele Schwierigkeiten, weil die Interessen von fünf Partnern – DTB, HSE, Club an der Alster, Stadt Hamburg und Bezirk Eimsbüttel – berücksichtigt werden müssen. Das Grundstück gehört der Stadt Hamburg. Diese hatte das Erbbaurecht 1988 für umgerechnet rund 3,5 Millionen Euro an den DTB verkauft, der seitdem dort seine Geschäftsstelle hat. Der klamme Verband veräußerte das bis 2049 gültige Erbbaurecht vor sechs Jahren für 1,15 Millionen Euro an den Club an der Alster und ist seitdem im Stadion nur noch Mieter.

Dieses Stadion ist vielen ein lästiger Stachel im Fleisch. Nicht nur weil es mit einem Fassungsvermögen von 13.200 Plätzen, das während des Turniers durch die Abhängung der Oberränge mit schwarzen Planen auf 7500 Plätze reduziert wird, überdimensioniert ist. Sondern vor allem, weil es durch die seltene Nutzung über die Jahre marode geworden ist. Stich und sein Team tun viel, um den Fans Komfort zu bieten. Die Schalensitze werden mit Stoff überzogen, in diesem Jahr wurden die VIP-Logen am Spielfeldrand im maritimen Stil modernisiert, was bei allen Benutzern sehr großen Anklang fand. Dennoch verschlingt die Instandhaltung jährlich eine niedrige sechsstellige Summe. Zu viel für den DTB, der unterhaltsverpflichtet ist.

Besonders kritisch ist jedoch der Zustand des 1998 installierten Faltdachs, das mit seinen unzähligen Flecken an ein Großraumzelt nach einem verregneten Musikfestival erinnert. Schon vor Jahren mahnte der DTB eine Sanierung an, die Kosten im siebenstelligen Bereich nach sich ziehen würde. 2013 gab es zwar eine komplette technische Überprüfung der gesamten Anlage, die allgemeine Verkehrssicherheit bescheinigte. Dennoch scheint es nur eine Frage der Zeit, bis der Ernstfall eintritt – und dem will der Club an der Alster zuvorkommen.

Im Frühjahr wurde deshalb eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, um zu eruieren, welche Baumaßnahmen möglich wären. Ergebnis: Man könnte zwei vollwertige Hockeyplätze, 13 Tennisplätze und eine Tiefgarage unterbringen. Baupläne existieren bislang nicht, auch die Überdachung des mobilen Tennisstadions ist noch nicht ausgeklügelt. Diese jedoch ist besonders Stich und der HSE wichtig, da bei Regenwetter nur ein Dach den Fernsehpartnern Eurosport und Hamburg 1 ihre Sendezeiten garantieren könnte. Die Kosten für die gesamte Maßnahme werden bislang auf zehn bis zwölf Millionen Euro taxiert, allein der Abriss des Centre-Courts würde mit 500.000 Euro zu Buche schlagen. Geld, das der Club an der Alster erwirtschaften müsste. Teile davon würde eine Umwandlung des Vereinsgeländes in Wellingsbüttel in Bauland einbringen, die der Club gern umsetzen würde, um seine Aktivitäten an der Hallerstraße zu bündeln.

Bevor die Umbaupläne konkretisiert werden, möchten Alster-Clubchef Torben Todsen und der für das Gebäude- und Anlagenmanagement zuständige Vorstand Christian Bock alle beteiligten Parteien dazu bewegen, eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, das Tennisturnier langfristig am Rothenbaum halten zu wollen. Staatsrat Schwinke hatte dies vor Turnierstart bekräftigt. Auch Torsten Sevecke, Leiter des Bezirksamts Eimsbüttel, hält die Pläne für „hochinteressant“. Stich und die HSE haben ihre Bereitschaft ebenfalls bekundet. Das Problem ist, dass das aktuelle DTB-Präsidium um Karl Altenburg nur noch bis November im Amt ist und keine zukunftsweisenden Entscheidungen mehr trifft. „Deshalb rechnen wir damit, dass die Absichtserklärung erst im ersten Quartal 2015 vorliegt. Zwei Jahre später könnte der erste Spatenstich erfolgen“, sagt Bock.

Beschleunigt würden die Planungen, sollte sich Hamburg tatsächlich um die Austragung von Olympischen Sommerspielen bewerben. In dem Fall wäre sogar die Umsetzung des Gedankenspiels möglich, die Errichtung einer für mehrere Sportarten angelegten, temporären Multifunktionsarena zuzulassen. Bislang erlaubt der Erbbauvertrag lediglich drei Wochen Nutzung des Stadions für Tennisveranstaltungen. Die Anwohner und die Clubmitglieder, die sich in ihren Rechten einschränken müssten, glaubt Alster-Präsident Todsen mit einer die Stadtinteressen für Olympia herausstellenden Vision begeistern zu können. „Wenn die Stadt einen derartigen Beitrag des Clubs für Olympia wünschen würde und man den Gedanken an uns herantrüge, würden wir uns selbstverständlich damit befassen“, sagt er.

„Was auch immer passiert“, sagt Christian Bock, „für uns ist klar, dass der Rothenbaum eine weltweite Marke und in Hamburg der beste Platz für Tennis ist.“ Damit das auch nach 2018 so bleibt, wird in den kommenden Jahren viel Arbeit am Rothenbaum verrichtet werden müssen.