Vor den Gruppenspielen gegen Südafrika (Damen) und Argentinien sprechen die Hockey-Geschwister über ihre enge Verbindung

Den Haag. Damenhockey hat ihn eher wenig interessiert. Er hat die Ergebnisse verfolgt, aber dass er sogar an seinen Ruhetagen ins Stadion fahren und den Damen zuschauen würde, das hätte Nico Jacobi bis zum vergangenen Jahr für undenkbar gehalten. Dann wurde seine Schwester Lena in die Nationalmannschaft berufen, mit ihren Teams wurden beide im August in Belgien Europameister, und seitdem sieht der Nationaltorhüter vom Uhlenhorster HC die weibliche Variante seines Sports mit ganz anderen Augen. „Ich fiebere viel stärker mit, seit Lena dabei ist, für mich hat sich in Belgien eine neue Perspektive ergeben“, sagt er.

Rund zehn Monate später sitzen Lena, die nach einem zweijährigen Intermezzo beim Club an der Alster seit 2012 für den Berliner HC spielt, und Nico Jacobi in der Lobby des Hotels Hampshire am Hauptbahnhof von Den Haag und freuen sich, dass sie noch einmal die Chance bekommen haben, ein großes internationales Turnier gemeinsam zu erleben. Der Begriff Doppel-WM, wie die parallel ausgetragenen Welttitelkämpfe der Damen und Herren bezeichnet werden, bekommt eine persönliche Note, wenn man den Geschwistern zuhört. Vor der EM in Belgien haben sie die Hallen-EM 2012 in Leipzig Seite an Seite bestritten. Aber die WM im Herzen des Hockeys ist der Höhepunkt des gemeinsamen Wirkens.

In einem Familiensport wie Hockey sind Geschwister im Nationalteam zwar keine Seltenheit, dass jedoch beide Geschlechter aus einer Familie vertreten sind, kommt nicht oft vor. Man kennt in Deutschland die „Keller-Dynastie“ aus Berlin, aber viel mehr gab es nicht in den vergangenen Jahren. Lena und Nico Jacobi freuen sich vor allem für ihre Eltern, die als Hockeyverrückte zu jedem wichtigen Auftritt ihrer Kinder anreisen. „Die können uns jetzt an einem Ort sehen und müssen sich nicht für ein Turnier entscheiden“, sagt Lena.

Vier Kinder gibt es in der Familie Jacobi, die aus Mainz stammt, wo die Eltern noch immer wohnen. Lisa, 37, und Benjamin, 32, haben ebenfalls Hockey gespielt, in Rüsselsheim, wo auch die Karrieren von Lena, 28, und Nico, 27, begannen. Die Bande sind eng, zweimal im Jahr fährt die gesamte Familie gemeinsam in Urlaub. Aufgrund des Altersunterschieds zu den beiden Älteren hatten Lena und Nico jedoch schon während ihrer Kindheit den engsten Draht zueinander. Im Garten wurden die ersten Hockeyduelle ausgetragen, meist ging es sehr intensiv zu. „In unserer Familie kann keiner gut verlieren“, sagt Nico. „Nico und Lisa am schlechtesten“, sagt Lena und grinst. Dafür wusste die ältere Schwester schon früh, dass ihr kleiner Bruder einen großartigen Torhüter abgeben würde. „Sie wollte selbst Torwart sein, hat diesen Wunsch auf Nico übertragen“, sagt Lena, „hat ja gut funktioniert.“

Das stimmt, und wenn die Mittelfeldspielerin über die Qualitäten ihres Bruders spricht, dann fallen ihr zunächst Merkmale wie „sehr hohe Emotionalität und große Disziplin“ ein. In Ersterer sind sich beide ähnlich, anders als der sehr zielstrebige Nico ist Lena abseits des Hockeyplatzes jedoch eher ein Freigeist. „Sie legt sich nicht gern fest. An einem Tag möchte sie nach Südafrika auswandern, am nächsten ein Haus in Berlin bauen“, sagt er.

Auf dem Platz nimmt der studierte Betriebswissenschaftler seine Schwester, die als Produktmarketingmanagerin in der Branche der erneuerbaren Energien arbeitet, allerdings als Ruhepol wahr. „Sie hat alles unter Kontrolle und macht kaum Fehler, was man im Damenhockey nicht oft sieht“, sagt er.

Diese Qualitäten sind auch an diesem Dienstag (10.30 Uhr) gegen Südafrika gefragt, wenn die Damen nach dem Auftakt-1:1 gegen China einen Fehlstart verhindern müssen. Die Herren, die zum Start 4:0 gegen Südafrika siegten, treffen um 16 Uhr (beide Sport 1) auf Argentinien. Bei ihren ersten gemeinsamen Auftritten hatten am Ende beide Jacobis die Goldmedaille um den Hals hängen. Wäre doch schön, wenn diese Serie noch etwas anhielte.