Im Rahmen einer bundesweiten Aktion besuchten Handball-Prominente die Gyula-Trebitsch-Schule

Hamburg. Die Fragerunde hatte Tanja Waidmann nicht vorbereitet. Das war auch gut so, sonst hätten ihre Schüler von der Klasse 5f der Gyula-Trebitsch-Schule Tonndorf vielleicht nie erfahren, dass der Präsident des Deutschen Handball-Bundes Bernhard Bauer 80 Krawatten zu Hause hat, dass der Weltmeisterspieler und -trainer Heiner Brand einst Baumstämme in die Höhe wuchtete, um seine Muskeln zu stärken, oder dass Buxtehudes Nationalspielerin Lone Fischer lange nicht so gut verdient wie ihre männlichen Kollegen. Und damit war der Wissensdurst noch lange nicht gestillt. Wohnt man als Präsident im Weißen Haus? Ist man dann mit Angela Merkel befreundet? Und wen haben Sie am Sonntag gewählt?

Diese Frage musste zwar unbeantwortet bleiben, aber in erster Linie ging es bei der Aktion „Handball-Stars Go School“ (HSGS) am Dienstag ja darum, Jugendliche für den Sport zu begeistern. Eineinhalb Stunden lang übten insgesamt 40 Schüler mit dem Pinneberger Nachwuchsbundestrainer Frank Hamann, Fischer und Brand Grundlagen des Handballspiels ein. Anschließend durfte sich auf dem Schulhof an verschiedenen Stationen zum Thema Wurfgeschwindigkeit, Passgenauigkeit und Dribbelschnelligkeit versucht werden. Mit dem Ergebnis zeigte sich Brand sehr zufrieden: „Ihr wart alle sehr engagiert bei der Sache. Und bei einigen hat man schon während des Trainings Fortschritte gesehen.“

Die Gyula-Trebitsch-Schule ist die zwölfte von 22 Stationen, die HSGS in Deutschland in diesem Jahr macht. Insgesamt kommen so 770 Jugendliche in den Genuss eines sogenannten VIP-Trainings, weitere 6000 können an den Schulhof-Events teilnehmen. Bundesweit hatten sich 550 Klassen beworben. Dass ausgerechnet ihre von der Jury ausgewählt wurde, hatte die passionierte Handballerin Waidmann nicht zu hoffen gewagt.

Ein Zufall war es allerdings nicht. Handball gehört an der Stadtteilschule im Hamburger Nordosten zu den Schwerpunkten, alle fünften Klassen haben ein halbes Jahr lang eine Doppelstunde Training. Zudem gibt es in Kooperation mit dem AMTV eine Handball-AG für die fünften und sechsten Klassen. Und jedes Jahr findet ein großes Mattenballturnier statt.

Für Bauer, 63, ist die Aktion Teil eines Richtungswechsels, den seine Sportart angesichts der Herausforderungen einer alternden Gesellschaft und der Ganztagsschule machen müsse: „Wir haben hier eine Bringschuld, den Jugendlichen passende Angebote außerhalb des Sportunterrichts zu machen. Die Vereine müssen sich hier teilweise neu erfinden.“

Was HSGS betrifft, hat der Verband im vierten Jahr selbst umgedacht. Statt der älteren Jahrgänge richtet sich die Aktion jetzt an die dritten bis sechsten Klassen. „Mit 14 oder 16 haben sich die meisten Jugendlichen bereits für eine Sportart entschieden“, sagt Brand, der seit 2011 für die Nachwuchsförderung im Verband verantwortlich ist.

Wie viele Kinder und Jugendliche durch HSGS für den Handball gewonnen werden, lässt sich nicht beziffern. Freerk Heinrich, Leiter der Gyula-Trebitsch-Schule, ist aber überzeugt, dass der Einmaleffekt nicht verpufft: „Man merkt den Schülern an, dass sie mit Begeisterung bei der Sache sind.“ Sportliche Fortschritte seien in jedem Fall zu erwarten: „Wenn jemand von außen sie verbessert, noch dazu jemand Prominentes, wird es von den Schülern ganz anders angenommen, als wenn es vom Lehrer kommt.“