Bei der Premiere der Team-DM bietet der HSV seine Topathleten auf – teils in ungewohnter Rolle

Hamburg. Bei drei Schritten Anlauf ist Schluss. Sebastian Bayer will ja keine Verletzung riskieren auf dem Weg zum großen Saisonziel, der Verteidigung seines Weitsprungtitels bei der Leichtathletik-EM im August in Zürich. Wie weit es mit drei Schritten geht? „Ich habe keine Ahnung“, sagt Bayer. Woher auch? Er hat ja schon lange nicht mehr den Speer geworfen. Sein Trainer Uwe Florczak traut ihm 45 bis 50 Meter zu. Das sollte reichen, um ein paar Punkte für den HSV zu sammeln bei der Team-DM, die an diesem Sonnabend in Braunschweig ihre Premiere erlebt.

Bayer, 27, ist der prominenteste, aber nicht der einzige Athlet, der sich seinem Verein zuliebe in einer ungewohnten Disziplin versuchen wird. Offenbar hat der neue Wettbewerb einen Nerv bei den Aktiven getroffen. Er lehnt sich stark an die Team-EM an, bei der in vier Wochen wiederum im Eintracht-Stadion die besten Nationen um den Titel kämpfen.

So werden anders als beim bisherigen Format, der deutschen Mannschaftsmeisterschaft, die Geschlechter nicht mehr getrennt gewertet. Zudem werden statt der absoluten Leistungen nur noch die Platzierungen in der jeweiligen Disziplin in Punkte umgerechnet, wobei jedem Club ein Streichresultat pro Geschlecht zusteht.

Dem HSV kommt das ganz gelegen: „Wir haben eine gute Mannschaft ohne große Schwachpunkte zusammen“, sagt Teammanager Oliver Voigt. So sind neben Bayer weitere vier Hamburger Spitzenathleten am Start: Hürdensprinter Helge Schwarzer, Weitspringer Mario Kral – er tritt auch im Kugelstoßen an –, Nadja Käther, die neben ihrer Spezialdisziplin Weitsprung auch den Dreisprung bestreitet, sowie Langstreckler Mourad Bekakcha (5000 Meter). Bayer, Schwarzer und Kral werden zudem der HSV-Staffel angehören.

„Es ist toll, dass sich alle in den Dienst der Mannschaft stellen“, sagt Hamburgs leitender Landestrainer Klaus Jakobs. Für den Nachwuchs bedeute es eine Riesenmotivation, mit den Stars in einer Mannschaft um den Titel zu kämpfen. Wobei es für den Sieg laut Voigt wohl nicht reichen wird, obschon sich die Spitzenvereine Leverkusen und Wattenscheid aus Kostengründen aus den Mannschaftsmeisterschaften zurückgezogen haben. Dafür sei Tübingen einfach zu stark. So bieten die Schwaben den aus Hamburg stammenden EM-Zweiten Arne Gabius auf, der über 1500 und 5000 Meter startet. Und über 110 Meter Hürden wird Gregor Traber, Dritter der U23-EM, Schwarzer das Siegen erschweren.

Den zweiten oder dritten Platz aber traut Voigt seinem Team schon zu. Es wäre auch ein sportpolitisches Signal. „Die Leichtathleten sind die mit Abstand leistungsstärksten Sportler im HSV“, sagt der leitende Sprung-Bundestrainer Florczak, „sie würden gern einen positiven Beitrag zum Image des Vereins leisten.“ Zuletzt fühlten sie sich eher als Kostenfaktor wahrgenommen. Angesichts der Finanzlage wurde beim HSV die Spitzensportförderung immer wieder infrage gestellt. Dass man sich überhaupt noch Topleichtathleten leistet, ist wohl Bayers EM-Sieg 2012 zu verdanken.