Borussia Dortmund hat den „Vize“-Titel in der Bundesliga trotz einer beispiellosen Verletztenmisere verteidigt. Entsprechend positiv fällt das Saisonfazit schon vor dem Pokalfinale gegen Bayern München aus.

Dortmund. Der Satz von Roman Weidenfeller ist in Dortmund längst Kult. Doch selten zuvor passte die Aussage des Nationaltorhüters nach dem Double-Gewinn 2012 besser als heute: „I think we have a grandios Saison gespielt.“ Allen Widrigkeiten zum Trotz hat die Borussia ihren „Vize“-Titel erfolgreich verteidigt. Nun soll die außergewöhnliche Spielzeit mit dem Pokalsieg am Sonnabend (20 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) gegen Meister Bayern München veredelt werden.

Klub-Boss Hans-Joachim Watzke wird nicht müde, die Mannschaft in den Fußball-Himmel zu loben. „Wir haben trotz einer Verletzungsmisere, wie ich sie persönlich noch nie erleben musste, all unsere im Sommer ausgegebenen Saisonziele erreicht“, stellte der 54-Jährige bei seinem Saisonfazit fest und ergänzte voller Vorfreude auf Berlin: „Wenn ich an das Pokalfinale denke, bekomme ich jetzt schon Gänsehaut.“

Doch unabhängig von dem Highlight im Olympiastadion, der dritten Endspiel-Teilnahme in Folge nach dem Double-Erfolg 2012 und dem Champions-League-Finale 2013 in Wembley - jeweils gegen die Bayern - ist die Fußball-Welt in Dortmund in Ordnung. Denn in der Königsklasse wurden die Erwartungen mit dem Erreichen des Viertelfinales (0:3 und 2:0 gegen Real Madrid) sogar übertroffen.

In der Liga hatte die Borussia nach dem 4:0 beim Saisonfinale bei Hertha BSC 71 Punkte auf dem Konto und damit fünf mehr als im Vorjahr. Seit Einführung der Drei-Punkte-Wertung hätte das in acht von 19 Fällen zur Meisterschaft gereicht. Und viele Fans fragen sich: Was wäre gewesen, wenn das Verletzungspech den BVB nicht derart brutal getroffen hätte? Die Meisterschaft der Bayern hatte Dortmund nicht gefährdet, aber der Abstand (19 Punkte) wäre sicherlich moderater ausgefallen.

Nach elf Runden betrug die Differenz zu den Bayern immerhin nur einen Punkt, erinnerte Watzke. Zu diesem Zeitpunkt fehlten bereits Lukasz Piszczek (Hüft-OP in der Sommerpause) und Ilkay Gündogan wegen seiner Nervenentzündung im Rücken. Am 12. Spieltag wurde Neven Subotic mit einem Kreuzbandriss vom Wolfsburger Rasen getragen. Es folgten Langzeitverletzungen von Mats Hummels, Marcel Schmelzer und der Kreuzbandriss von Jakub Blaszczykowski.

Phasenweise fehlte die komplette Vierer-Abwehrkette, die noch zuvor im Mai in Wembley das Finale der Königsklasse bestritten hatte. Trainer Jürgen Klopp wurde zum Improvisationskünstler. „Oft konnte ich am Freitag noch nicht sagen, wer am Samstag auflaufen wird“, berichtete der BVB-Coach. Auch er zieht demonstrativ den Hut vor seinen Spielern, „die überragend mit der außergewöhnlichen Situation umgegangen sind“.

Großen Anteil am Erreichen der Saisonziele habe, so Watzke, Torjäger Robert Lewandowski gehabt, der seinen Vertrag beim BVB erfüllt und im Sommer ablösefrei als Bundesliga-Schützenkönig (20 Treffer) zu den Bayern wechseln wird. „Er war wettbewerbsübergreifend an über 40 Toren beteiligt“, betonte Watzke.

Nur schwer lässt sich die Lücke schließen, derzeit scheint Italiens Top-Torjäger Ciro Immobile (FC Turin) erster Kandidat auf die Nachfolge zu sein. Als weitere Verstärkung soll Abwehrstratege Matthias Ginter (Freiburg) kommen. Der Südkoreaner Dong-Won Ji (Augsburg) ist bereits verpflichtet, soll aber an die Schwaben ausgeliehen werden.

Doch Vollzug-Meldungen werden erst nach dem Pokal-Finale folgen. Ganz Dortmund fiebert derzeit dem Fußball-Fest entgegen. „Wenn wir schon einmal in Berlin sind, dann wollen wir den Pott auch holen“, so Watzke. „Diese Trophäe wäre der krönende Abschluss einer Klasse-Saison.“